Die Sache mit der glücklichen Mutter

Wenn ihr jetzt bei uns vorbei kommen würdet, würdet ihr dieses Bild sehen:

Mama sitzt draussen in der Sonne und bloggt.
Jari liegt neben ihr im Kinderwagen und schläft.
Die beiden Großen sitzen im Wohnzimmer und malen.
Neben ihnen steht ein voller Obstteller.

Das ist wieder das „Heile Welt“-Bild, dass zu uns passt, oder? 😉

Aber die Realität sieht anders aus.
Normal. Schmutzig. Ehrlich.
Wie bei allen anderen Familien auch.

Eine glückliche Mutter ist eine bessere Mutter

Kennt ihr schon von mir.

Auch, wenn meine Kinder gerade friedlich nebeneinander sitzen bzw. schlafen und ich in der Sonne sitze, haben wir Stress, Streit und Sorgen. Auch, wenn ich übe, schöne Fotos zu machen, tobt auf der Seite hinter der Kamera das Chaos. Glaubt mir das.

Ich bin nämlich heute an Tag 3 von 5 ohne Papa. Dazu ohne Auto. Und fast ohne Geld.
Mein Mann klettert mit 160 anderen Männern durch schottische Berge. Ich bin sehr stolz auf ihn und werde euch mehr erzählen, wenn ich mehr weiß. Falls. Zu dem Wochenende gehört nämlich, im Vorfeld fast nichts darüber zu wissen. Handys sind auch nicht erlaubt und so sind das die ersten Tage in unserer 12jährigen Beziehung, in denen wir absolut nichts voneinander hören. Also mir fehlt er.

Ich werde euch mal erzählen, was noch so zu unserer „Heilen Welt“ gehört:

– Um mich herum stehen zwei volle Wäscheständer. Die dritte Maschine läuft.

– Der Küchenboden ist so unglaublich dreckig. Seit Tagen Wochen nehme ich mir vor, ihn zu putzen. Die jährlichen Ameisen in der Küche waren nur kurz da. Wahrscheinlich ist es selbst denen zu eklig.

– Am Morgen wurde ich mit kleinen scharfen Patschern ins Gesicht geweckt. Das Baby fand, es sei Zeit zum Aufstehen. Als ich dann endlich aus dem Bett kam, war die Windel so voll, dass ich Jari erstmal in die Wanne setzen musste.

– Weil wir uns nicht auf ein Frühstück (Brot, Müsli, Pancake) einigen konnten, schlug ich Crêpes vor. Emilian erinnerte sich sofort an Korsika, da gab es Crêpes mit Erdbeeren und Nutella. Weil wir aber keine frischen Erdbeeren hatten, fragte ich die Jungs, ob sie zum ersten Mal allein schnell zu Lidl gehen wollte. (Ich hatte nämlich noch den Schlafanzug an…) Liam war sofort begeistert und hatte in einer Sekunde die Schuhe an. Emilian zögerte sehr, aber weil Liam unbedingt wollte, ging er mit. Klappte alles wunderbar. Seitdem fragt Liam im Minutentakt, ob ich nicht noch etwas von Lidl brauche..

– Wir machten uns also ein schönes Frühstück.
Die Kinder waren sehr begeistert!
Zur Realität muss ich jetzt aber auch die verbrannten Finger, den Zucker überall und das Nutella-Baby (frisch gebadet, ihr erinnert euch) erwähnen.

 

– Nach dem Essen schickte ich die Jungs nach draussen. Wir hatten nämlich gestern zusammen Erdbeeren eingepflanzt und die sollten sie nun gießen. Jari brauchte wieder eine neue Windel und die volle, volle Windel fiel mir vom Wickeltisch. Offen. Auf den Teppich.

– Danach wollte ich duschen gehen. Ich wies die Jungs genau an, auf Jari zu gucken, nahm ihn aber dann doch lieber mit ins Bad. Man kann nie wissen. Jari tappelte also im Bad zwischen Zahnbürsten und Klobürste hin und her und ich beobachtete ihn. Zweimal musste ich kurz rausspringen, um schlimmeres zu verhindern.

– Passend zum Thema:
Vor ein paar Tagen saßen eine Freundin und ich gerade gepflegt bei Kaffee und Kuchen. Stellt euch zu dem „gepflegt“ vor, dass vier große Jungs um uns herum sprangen und mit Waffeln, Erdbeeren, Puderzucker und Sahne um sich warfen. Inmitten dieser Kaffeetafel fiel nicht auf, dass Jari gar nicht da war und in diesem Moment kam er mit der Klobürste in der Hand um die Ecke.

– Am Donnerstag holte ich Liam und einen Freund ab, während seine Mama unsere beiden Großen aus der Schule abholen sollte. Ich spielte mit den beiden Kindergartenkindern und Jari im Garten, als die Mama schrieb: „Ich kann sie nicht finden.“ Der Schulhof ist groß und unübersichtlich, ich machte mir erst keine Sorgen, aber sie waren nicht da. Nicht bei ihnen, nicht bei uns, nicht auf dem Weg.

Hatte ich nicht erst vor ein paar Tagen hier geschrieben, dass ich nie wieder ein Kind suchen wollte? Ich mag dieses beklemmende Gefühl überhaupt nicht. Und ich hatte hier die drei Kleinen und kein Auto, mein Mann war ohne Handy im Flugzeug – und konnte nichts tun, ausser Gott zu bitten, alles gut werden zu lassen.
Währenddessen wollten die beiden Kita-Kinder losgehen, den Großen entgegen und Jari war gerade dabei, den Ameisenköder in den Mund zu stecken zu entdecken. Inmitten allen Chaos schrieb sie dann: „Ich hab sie! Sie hatten eine Stunde früher Schluss und sind zu unserer Nachbarin gegangen.“
Ihr könnt euch vorstellen, was uns beiden Mamas durch Kopf und Herz ging.

– Liam fiel gestern in seinem Hochbett nach Bettgehzeit eine Treppenstufe herunter und verletzte sich ein bißchen am Fuß. Heute, ganz nebenbei, beichtete er mir, dass er mich angelogen hatte. Er war gar nicht zur Treppe abgerutscht, sondern er war verbotenerweise noch auf dem Hochbett herumgeklettert und dabei abgerutscht.

– Ich nahm mir letzte Woche vor, an diesen vier freien Abenden endlich mal wieder alleine meine Netflix-Serie weiterzugucken. Mit Wein. Auf der Couch.
Haha!
Die Realität ist, dass ich am Donnerstag nach 22:00 Uhr noch Muffins für unser MOPS-Treffen machte und danach noch ein Überraschungspaket für eine Freundin packte, das unbedingt weg musste. Der Wecker am nächsten Morgen klingelte um 6:30 Uhr und ich war sehr froh, dass Emilian von der Oma zur Schule gefahren wurde. Das hätte ich mit drei Kindern nicht so locker geschafft.

Ihr seht: Alles ist ganz normal!
Wirklich.

Wir hören Hörspiele und singen zusammen – aber wir schreien uns auch an.
Wir pflanzen zusammen Blumen ein – aber wir knallen auch mit den Türen.
Wir essen leckere Obstteller leer – aber es gibt auch ungesundes FastFood zu ungesunden Zeiten.
Wir üben Kopfrechnen und 1×1 – aber wir vergessen auch Diktate und Hausaufgaben.
Wir spielen lange und laut draussen im Garten – aber wir laufen auch mit dreckigen, nassen Füssen über helle Teppiche.
Wir lieben uns – und wir streiten uns.

Manchmal möchte ich weinen.
Manchmal möchte ich laut loslachen.
Manchmal möchte ich mit der Hand auf den Tisch schlagen.
Manchmal möchte ich High Fives an die Jungs verteilen.

Inzwischen ist der Obstteller leer, die Kinder trampeln mit Gartenfüßen durchs Kinderzimmer.. oder durch unsere frisch bezogenen Betten, ich muss Wäsche abhängen, damit die nächste Platz hat und ach ja.. wollte ich nicht ein paar Bücher für meine Doula-Weiterbildung lesen?

Habt einen schönen Samstag-Nachmittag!

Comments

  1. Michaela says:

    Mein Schwager war bei dem4ten Musketier Wochenende in Schottland und er war danach sehr bewegt, ermutigt und herausgefordert. So schwer es auch jetzt ohne deinen Mann ist, glaube ich, dass es euch am Ende wirklich bereichert. Viel Kraft Dir, ich denke an Dich.

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