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Ich habe neue Kindersprüche, ich habe ein paar Fotos von Emilians kreativen Kunststücken gesammelt, ich habe andere Texte und Ideen, für meinen Blog… aber das alles muss jetzt warten, denn heute wurde eine wichtige Entscheidung getroffen!

Achtung, ich hole ein bißchen aus:

Ungefähr vor 2 Jahren entstand ein kleiner Wunsch bei uns. Wir wollten irgendwann, bevor die Kinder in die Schule müssten, als Familie nach Amerika. Egal, wohin und egal, wie lange. Weil wir zu der Zeit gerade die Staffeln der Serie „O.C. California“ sahen, überlegten wir uns, dass wir eigentlich gerne mal in Kalifornien sein würden.

Im September 2011 lernten wir ein nettes Ehepaar in unserer Kirche kennen. Sie besuchten uns und kamen aus Amerika, aus Kalifornien, aus Newport Beach, genau wie die Schauspieler in der Serie. Wir sprachen miteinander, lernten uns ein bißchen kennen – und sie luden uns ein. Weil wir gerade dabei waren, in unser eigenes Haus zu ziehen und ich schwanger war, besuchte mein Mann sie für zwei Wochen. Im Januar 2012.

Es gefiel ihm sehr gut dort, die Menschen und die Kirche faszinierten ihn und unser kleiner Wunsch wurde größer.
Wir hatten ein Haus und zwei kleine Jungs.. und andere Dinge wurden erstmal wichtiger.

So ein Auflands-Aufenthalt muss gut geplant werden und wir ließen uns erst viel Zeit damit. Doch irgendwie blieb uns gar nicht so viel Zeit – auch wenn Emilian erst im Jahr 2016 eingeschult wird.
Wir entschieden, im Herbst 2014 zu fliegen und Frühling 2015 zurück zu kommen. Dann würden wir exakt dem unschönen Winter hier entfliehen und hätten auch bis zur Einschulung noch Zeit, um wieder anzukommen.

Der Bruder von meinem Mann lernte währenddessen ein junges Mädchen aus Amerika kennen und eine tolle Familie aus North Carolina besuchte und unterstützte unsere Kirche hier für ein Jahr.
Wir spielten mit dem Gedanken, sozusagen als Austausch lieber dieser Familie zu besuchen – und entschieden uns aber wieder für Kalifornien. Unser Schwager aber wird nun im Frühjahr 2014 seine Amerikanerin in Amerika heiraten – und unsere Reisepläne mussten ein bißchen verschoben werden, um die Hochzeit nicht zu verpassen und um nicht zweimal im Jahr diese Reise zu unternehmen. Anfang diesen Jahres besprachen wir also neue Daten – und plötzlich wurde uns bewusst, dass wir in weniger als einem Jahr nach Amerika reisen würden!

Weil ein Visum das letzte Wort über die Reise hat, planten wir erstmal überhaupt nichts und kümmerten uns um die Visa-Anträge. Wer so einen Antrag schon ausgefüllt hat, versteht, dass wir schon an dieser Stelle das Abenteuer am liebsten aufgegeben hätten.. Ausserdem wurde einer befreundeten Familie hier vor kurzem der Antrag abgelehnt.
Auch sie wollten für längere Zeit als Familie in die USA.

Der Antrag hat mehrere Seiten, ist in englisch und will einfach alles wissen. Wir mussten ihn viermal ausfüllen.
Wir ließen neue Fotos machen. Ich brauchte einen neuen Reisepass. Wir mussten ordentlich bezahlen und einen Termin in der amerikanischen Botschaft vereinbaren.
Und der war heute.

Ich war wirklich nervös und aufgeregt. Ich habe mich so ausgeliefert gefühlt. Das Visum kann genehmigt oder abgelehnt werden – einfach so. Glaubhaft sollten wir sein. Und sicher stellen, dass wir in jedem Fall wieder nach Deutschland zurück kämen. Wir sammelten sämtliche Dokumente zusammen, die einerseits bewiesen, dass wir einen Antrag gestellt haben und die andererseits alle möglichen Beweise für uns, unsere Kinder, unsere Ehe, unser Haus, unser Einkommen, … zeigten. Ausserdem hatten wir Schreiben von unserer und der kalifornischen Kirche – Einladung und Aussendung, sozusagen.
Dann Pässe, Fotos und ein Umschlag.. viel Papier.

Weil ich gestern abend vor Aufregung nicht einschlafen konnte, las ich mir die 8 Seiten der Visa-Bestimmungen im Internet durch. Hätte ich nicht tun sollen. Denn da wurde ich richtig nervös. Ich schrieb mir auf, welche Dokumente wir noch nicht in den Unterlagen hatten und suchte sie heute morgen raus. Ich las, dass so ein Interview 2-3 Stunden dauern könnte und wir sagten heute morgen im Kindergarten Bescheid, dass wir es eventuell nicht pünktlich schaffen würden. Ich las, dass Angehörigen, die kein Visum beantragen, nicht dabei sein konnten und bat meine Schwiegermutter, die eigentlich mit Liam mitkommen wollte, hier zuhause auf ihn aufzupassen. Ich las, welche elektronischen Geräte nicht erlaubt waren und ließ einfach meine ganze Tasche im Auto.

Nach einem schnellen Frühstück und vielen Gebeten, einem letzten Blick in den Spiegel und bepackt mit allen Unterlagen setzten wir uns ins Auto und fuhren zur Botschaft. Es gibt nur drei amerikanische Botschaften in Deutschland..

Es regnete und schon von weitem sahen wir ungefähr 20 wartende Menschen vor der Botschaft.
Wir hatten doch einen Termin! Etwas weiter weg fanden wir einen Parkplatz und rannten zurück zur Botschaft.
Der „Türsteher“ war ein Bekannter von uns, doch das als ein gutes Zeichen zu sehen, war mir zu gefährlich. Wir stellten uns also einfach hinten an die Schlange, vermissten unseren Regenschirm und warteten. Vor uns in der Reihe stand ein ehemaliger Musikschüler meines Mannes. Irgendwann kam der „Türsteher“, sammelte unsere vier Zahlungsbeläge ein und gab uns einen kleinen Zettel, auf dem stand, welche Dokumente wir bereit halten sollten. Wir hatten sie bereit. Oder?
Eine Briefmarke fehlte. Und wir hatten die vier Fotos nicht auseinandergeschnitten. Egal?

Ich versuchte, nicht so viel zu denken und mich zu beruhigen, aber es war nicht leicht. Ich war aufgeregt! Und die Menschen um uns herum auch. Das machte es nicht besser. Und es regnete.. Mein Mann strahlte Ruhe aus – oder versuchte es.

Ich sah mir wieder und wieder diesen Zettel mit den wichtigen Dokumenten an und mir kam ein Zettel davon unbekannt vor. Ich fragte meinen Mann und sein Blick plus „Scheiße.“ sagte alles. Er sagte: „Fährst du schnell nachhause?“ Ich sagte: „Nein, du fährst.. und versuch‘ auch, eine Briefmarke zu besorgen.“ Und dann wartete ich alleine weiter. Es regnete und ich war noch nervöser. Er fuhr ca. 15 min. nachhause und musste vier Dokumente im PC finden und ausdrucken.

Immer fünf Personen wurden eingelassen, in die Sicherheitskontrolle. Kurz bevor ich dran war, sagte ich dem „Türsteher“ Bescheid… und stellte mich wieder hinten an. Ganz stille und ganz fürchterlich aufgeregte Menschen gab es da. Man stellte sich gegenseitig Fragen und hielt zusammen. Irgendwann entdeckten wir einen Eimer mit Regenschirmen und mehrere Wartende nahmen sich einen.

Als dann nur noch 10 oder 15 Menschen vor mir in der Schlange standen, kam mein Mann wieder. Mit einem Schirm.
Mit einer Briefmarke. Und mit fast den richtigen Dokumenten, die wir brauchten. Die erforderlichen fand er nicht und hatte vier „Ersatzdokumente“ ausgedruckt.
Noch mehr Anspannung!

Mit dem nächsten Schwung waren wir dran, zeigten unseren Ausweis vor, legten Jacken, Taschen + Inhalt in eine Box…
wie am Flughafen. Es piepste nicht und wir durften weiter ins Heiligtum.

Ein fröhlicher Mann erklärte uns in komischem englisch, welche Dokumente wir wie in unseren Pass legen sollten und er schickte uns weiter. Im nächsten Raum standen ca. 15 Menschen in einer Schlange und weitere 20 – 30 saßen in einem anderen Bereich. Viele haben wir in der Warteschlange draussen schon gesehen. Wir sortierten unsere Dokumente und stellten uns in die Reihe zur Registrierung. Es dauerte. In der Registrierung wurden die Dokumente angesehen und behalten – oder man wurde eben noch einmal weggeschickt, um eine Briefmarke oder einen Umschlag zu holen oder ein aktuelles Foto zu machen. Das konnte nämlich alles vor Ort erledigt werden. Menschen unterschiedlichster Herkunft und bestimmt mit interessanten Reisezielen saßen da. Ältere Damen wollten ihre Söhne besuchen, Austausch-Studenten waren da, Tauchlehrer, Unternehmer… Es gab zwei Schalter zur Registrierung und zwei zum Visum bekommen oder eben nicht. Ich sah mir die Männer an den zwei wichtigen Schaltern genau an. Sympathisch oder unsympathisch? Jeder bekam genau mit, ob ein Visum vergeben wurde oder nicht. Einige diskutierten, waren beleidigt oder enttäuscht, aber die meisten verließen mit fröhlichem „Thank you very much!“ und mit einem Lächeln den Raum.

9:30 Uhr kamen wir draussen an – als man uns jetzt zur Registrierung aufrief, war es ungefähr 11:30 Uhr. Davon standen wir die längste Zeit im Regen.

Von der Registrierung mussten wir nochmal kurz weg, um unsere Fotos, Dokumente und Pässe genau zu sortieren.
In jeden Pass musste das richtige Foto („Ich kann ja ihre Söhne sonst kaum auseinanderhalten!“ – Ja, Recht hat sie)
und zwei Dokumente, bitte richtig zugeordnet.
Ich beschriftete den frankierten Umschlag schnell mit unserer und der Adresse der Botschaft.
Wir bekamen einen Merkzettel, der uns kurz und knapp erzählte, was am wichtigen Schalter passieren würde.
Finger-Scan, links, rechts, Daumen. Weitere Dokumente bitte nur auf Anfrage vorzeigen, bla bla.

Wir bekamen alle Gefühle in diesem Raum mit – und sie verbreiteten sich. Anspannung, Nervosität, Warten, Hunger, …
Es gab einen Snack- und Getränkeautomat, aus dem für 1,- € Verschiedenes geholt werden konnte. Ohne Wechselgeld.
Wir fanden mit Müh‘ und Not 90 Cent in unseren Taschen…

Die Aufrufe von den beiden Schalter-Herren waren sehr undeutlich und ab und zu sind wir schonmal hochgezuckt – die Anspannung, die kurz weniger wurde, als mein Mann von zuhause wieder kam und dann nochmal, als die Registrierung klappte, stieg jetzt wieder ins Unendliche.

Was werden wir gefragt? Was werde ich gefragt? Kann ich antworten, was ich will, wenn ich in englisch gefragt werde? Was, wenn es ganz schnell vorbei sein wird? (Wenn ein Visum-Antrag jemals abgelehnt wird, wird es ab dem Moment deutlich schwieriger, noch einmal diesen Antrag zu stellen. Das betrifft allerdings einen mehr als dreimonatigen Aufenthalt in den USA) Können wir diskutieren, wenn es „Nein“ heißt? (Der Zettel sagt deutlich: Kein Widerspruch.)
Zeigen wir alles, was für unsere Glaubwürdigkeit spricht?

Dann kam unser Aufruf. Schalter 6.
Wir setzten uns mit einem freundlichen „Hey!“ auf die Stühle. Er sprach deutsch mit uns. Er bat die Dame zuerst, ihre linke Hand auf das Gerät zu legen, Finger bitte enger zuammen. Dann rechts und dann beide Daumen. Dann der Herr.
Und dann: „Warum wollen sie in die USA einreisen?“

Mein Mann erklärte souverän die Partnerschaft unserer Kirchen, die Vorteile des Austausches und zeigte die Einladung der kalifornischen Freunde. Er beantwortete, dass er schon einmal in den USA war, für 10 Tage. Ausserdem mussten wir ihm sagen, dass und wie wir unsere Reise finanzieren wollten. Der Beamte las die Einladung und tippte irgendetwas in seinen Computer…. „Sag doch was!“

„Die Pässe werden Ihnen dann in den nächsten Tagen zugeschickt.“
Dankeschön. Auf Wiedersehen!

Bedanken. Lächeln. Atmen. Aufstehen. Zeug nehmen. Rausgehen. Angucken. Quietschen. (Ich) Hädchen halten.
Die Botschaft verlassen.

Wir haben es geschafft!

Es war lange nach 12:00 Uhr und wir beeilten uns, Emilian vom Kindergarten abzuholen.
Mein Mann ging noch für ein paar Stunden ins Büro.

 

Alle, alle tausendmillionen anderen Fragen, die ich bis jetzt erstaunlich erfolgreich aus meinem Kopf verbannt haben, platzen jetzt über mich herein. Und ich lasse sie.
Das wird der zusätzliche Inhalt und die Besonderheit meines Blogs.

Wie lebt eine deutsche Familie ein halbes Jahr in Kalifornien?

 

Ihr seid immer und am schnellsten und auf deutsch live dabei. Versprochen!

 

Comments

  1. […] … den dritten runden Geburtstag meines Mannes planen … jeden Tag ein bißchen mehr an Californien […]

  2. […] verschieben, könnte passen. Das sieht für den März/April nicht gut aus. Wie gut, dass wir dann andere Sorgen haben […]

  3. Carola says:

    Ich wünsche Euch eine tolle und interessante Zeit „dort drüben“ und bin gespannt, was Du berichten wirst.

  4. Andrea says:

    oh Marit, danke für den amüsanten Bericht. Jetzt weiß ich genau Bescheid! Echt krass!
    Ich bewundere dich, wie du alles so schnell aufgeschrieben hast, aber das hilft sicher zur Verarbeitung.

  5. Elsa says:

    Wow! Krasser Tag 🙂

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