Zeit für mich

Unsere derzeitige Situation ist aussergewöhnlich.
Weil wir lange davon ausgingen, dass unsere große Reise im April beginnt, wurde der Arbeitsvertrag meines Mannes zu Ende März beendet. Anfang März erfuhren wir dann aber, dass wir eigentlich erst im Juli in Californien erwartet werden. Um die Hochzeit meines Schwagers, die Ende Mai in Amerika stattfindet, nicht zu verpassen, reisen wir also Ende Mai ab.

Die aussergewöhnliche Situation bedeutet also:
Wir sind alle vier zuhause! Emilian ist der einzige, der morgens sozusagen raus muss. (Wenn das mal nur so wäre…) Eine Erzieherin sagte dazu: „Ach, ich möchte auch mal zwei Monate Urlaub haben, bevor ich dann ein Jahr Urlaub habe!“

Als mein Mann und ich uns kennenlernten, ging ich arbeiten und er studierte noch. Er machte sich dann selbstständig, war viel zuhause, ich arbeitete weiter. Gerade im ersten Jahr als Eltern genossen wir es, fast rund um die Uhr zusammenzuhocken. Wir gehören zu den Paaren, die das können. Eine Weile. Deswegen machte ich mir auch nicht viele Sorgen über diese 2 Monate, in denen wir jetzt stecken. Und ich muss sagen, es läuft gut. Allein, jeder in seinem Büro/Bereich, würden wir vielleicht schneller voran kommen, aber die Kaffeepausen, die gemeinsamen Frühstücke und einfach das Unnormale, das jetzt möglich ist, tut gut. Auch den Kindern! Emilian ist zur Zeit außergewöhnlich ausgeglichen. Er verabschiedet sich fröhlich und schnell, wenn ich ihn in die Kita bringe, er weint nicht, wenn ein Babysitter kommt, er lacht und quatscht und tut uns gut. Zu diesem wachsenden Selbstbewusstsein gehört auch, dass er lauter und frecher und aufmüpfiger wird. Ein richtiger Junge! „Warum sagt ihr so oft ‚Nein‘?“ – „Ihr seid blöde Eltern!“ Aber trotz allem ist er sensibel, liebevoll und aufmerksam. Wir entschieden uns gestern nach einer Shoppingtour spontan gegen ein gemeinsames Eis essen, weil Emilian nicht gut auf uns gehört hatte und viel quengelte. Das machte es natürlich nicht besser. Er weinte und tobte im Auto. Als er sich beruhigte, schluchzte er unter Tränen: „Aber das Einkaufen war doch schön, oder?“ Er ist sanft trotz allem und wir können gut über alles reden.

 

Das alles… die Zeit mit meinem Mann, die Zeit mit der Familie, die entspannten Kinder… das alles trägt dazu bei, dass ich, die Mama, mehr Zeit für mich haben kann! Ich bin aus irgendeinem Grund dafür verantwortlich, Emilian in den Kindergarten zu bringen. So beginnen die Tage schonmal früh genug. Neben Erledigungen, Kaffee trinken, Haushalt-Zeugs und sonstwas bleibt jetzt viel Zeit für mich. Mehr Zeit als sonst. Mehr Zeit, als Mamas sonst so für sich haben. Tagsüber.

An meinem Geburtstag konnte ich mit Mann und Kindern und vielen anderen Gästen einen Tag im Britzer Garten verbringen. Am Tag danach hatten wir als Paar einen Termin zum „Floaten“. Schweben im warmen Wasser mit 33% Salzgehalt… seid ihr schonmal schwimmend eingeschlafen?
Danach entführte er mich in ein Café, das schon lange auf meiner Wunschliste stand. Barcomis Deli. Cynthia Barcomi ist meine Heldin, das wisst ihr vielleicht. Und es war ein Traum. Wir haben Gebäck bewundert, das ich schon nachgebacken haben, wir haben zauberhafte Bagels mit Lachs, Sprossen und Frischkäse gegessen, Kaffee getrunken und Cynthias Aura genossen. Traumhaft! Zu Zweit unterwegs sein. Tagsüber.

Ich konnte mit meinen Eltern und Großeltern ins Kino gehen. Eine ungewohnte Situation – und wir haben den Film genossen. Tagsüber!

Ich plane einen Kosmetik- und Kino-Tag mit meiner Freundin, nur wir beide. Tagsüber.

Ausserdem habe ich mich endlich mal getraut, meinen Frauenarzt nach einer Physiotherapie zu fragen. Und er hat sie mir verschrieben. Massage. Wärme. Reden. Übungen zur Kräftigung des Rückens. Erklärung, woher die Kopfschmerzen kommen. Und so. Einfach mal Entspannen. Tagsüber.

Ich kann alleine zum Kindergarten gehen, um Emilian abzuholen. Die paar Minuten spazieren gehen tun auch gut. Tagsüber.

Heute gingen mein Mann und ich zu einem Treffen aller Kita-Eltern in ein Eis-Café. Abends.

Morgen früh bin ich mit einer Freundin zum Kaffee trinken verabredet.

Ihr seht schon: Ich genieße das. Weil ich es kann. Weil wir tolle Babysitter haben und weil mein liebster Mann mir diese Zeiten freimacht und mich gehen lässt.
Die Ruhe und die Zeit gibt uns Kraft, für das was kommt.
Von dem wir ja nicht wissen, was es ist.
Es tut mir gut, dass es Emilian gut geht, dass die Sonne scheint, dass Liam seinen Papa so sehr genießt und dass wir vier viel Zeit zusammen haben!

 

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