Mut für Hoffnung

24. Februar 2022

„Wir sind heute in einer anderen Welt aufgewacht…“ so begann Annalena Baerbock ihr Statement zu den schrecklichen Vorkommnissen in der Ukraine.

An solchen Tagen möchte ich mich am liebsten einfach unter der Bettdecke verkriechen und weinen, Schokolade essen, Wein trinken, Filme schauen, mich ablenken und so tun, als wäre die Welt nicht so schrecklich, wie sie manchmal ist.

Aber ich möchte auch lesen und wissen, mich hinein fühlen und mitleiden. Der Angst ins Auge sehen und wissen, was passiert. Bis ich dann in zu vielen Schreckensmeldungen versinke und das Licht nicht mehr sehe und wieder unter die Bettdecke verschwinde.

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Ich bin eigentlich überhaupt nicht der Typ, der sich unter Decken verkriecht. Ich strotze gern vor Hoffnung und guter Laune und es tut mir nicht gut, in ein schwarzes Loch ohne Boden zu fallen. Es hilft nicht weiter. Mir nicht. Und der Familie auch nicht. Niemand. Eher lähmt mich die Angst und nimmt mir die Luft zum Atmen, wenn ich mich nur in den neuesten Nachrichten verliere. Es ist gruselig, wie ein schlimmer Sog zieht es mich zu den Nachrichtenseiten, nur um es wenige Sekunden später zu bereuen.

Im Sommer 2005 und 2006 war ich in der Ukraine und habe meine Ferien mit Freunden bei Familien in Mariupol verbracht. Ganz besondere Erinnerungen hängen daran. Mein Herz und meine Gedanken sind bei den Menschen, für die die schlimmste Angst gerade Realität geworden ist.

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Ich habe mich heute für eine Sekunde bei dem Gedanken ertappt, ob es überhaupt noch Sinn macht, in den nächsten Wochen Samen auszusäen und Pflanzen zu pflanzen. Ob es Sinn macht, Urlaube zu planen und sich auf Dinge zu freuen. Ob wir uns jetzt über Geburtstage und Fasching und neue Nintendo-Spiele freuen dürfen.

Es fühlt sich für mich sehr herausfordernd an, die Angst und Sorge, das Mitgefühl, die Panik und Fassungslosigkeit auszuhalten und gleichzeitig eine fröhliche und starke Ehefrau und Mutter, Freundin und Kollegin zu sein. So geht es mir immer mal wieder. Auch im Sommer beim Hochwasser in Deutschland überkam mich diese Angst. Und ich glaube, dass das nicht schlimm ist. Ich glaube, dass das normal ist. Wir leben in einer kaputten Welt und haben leider keine Garantie für Gesundheit und Sicherheit.

Umso wichtiger ist es, Gefühle wahrzunehmen und zu ordnen, mit der Familie und den Kindern darüber zu sprechen, was los ist und dann persönliche Grenzen finden, was die Nachrichten angeht. Es ist wichtig, sich zu schützen. Die Welt braucht starke, mutige, gesunde Personen, die Hoffnung und Mut weitergeben.

Und mehr als alles andere ist es wichtig, zu beten.
Für die Menschen, die wichtige Entscheidungen treffen müssen.
Für die Menschen, die unter diesen Entscheidungen leiden.
Für Schutz. Für Weisheit. Für Diplomatie. Für Demut. Für Frieden.

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Ich möchte gerne stark sein, für ein gutes Morgen.

Ich möchte stark sein für meine drei Söhne, die die Welt verstehen wollen und verändern möchten.

Wenn ich an Hoffnung denke, denke ich an alle Kinder im Kindergarten, in dem ich arbeite. Die Zukunft liegt vor ihnen! Sie wollen jeden Tag entdecken und ihren Raum einnehmen. Ich sehe dort jeden Tag so viel Schönheit, Wachstum, Klugheit, Humor und Kreativität. Sie haben große und kleine Geschwister. Das ist unsere Zukunft. Das sind die Eltern, Politiker, Leiter, Diplomaten, Helden von morgen!

Für alle die, die nach uns kommen und in Berlin, Deutschland, Europa und der Welt leben und aufwachsen werden, möchte ich Mut und Hoffnung verbreiten.

Gott hat die ganze Welt in seiner Hand, heißt es in einem Kinderlied.
Gott liebt die Journalisten, Diplomaten, Soldaten und Politiker.
Und Gott liebt auch einen russischen Präsidenten.
Daran glaube ich, daran halte ich mich fest.

Aber wenn morgen die Welt untergeht, dann würde ich heute noch…

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