Kindheit am Rande der Verzweiflung

06. November 2021

Wenn ich Bücher zur Rezension bekomme, dann stelle ich sie euch hier gerne vor, mache Werbung und finde schöne Worte für Buch-Themen.

Wenn ich Bücher zur Rezension bekomme, wähle ich genau aus, was für mich und meine Leser interessant sein könnte, Anklang finden könnte oder einfach passt.

Kindheit am Rande der Verzweiflung

Die fatalen Folgen von Lockdown und Isolation
Bernd Siggelkow

Dieses Buch trägt schwere Kost.
Es tut weh beim Lesen und es gibt kein Happy End… vielleicht nur ein ganz kleines. Das Buch gehört wohl eher in die Kategorie „Gegen das Vergessen“.

Bernd Siggelkow ist mir schon lange bekannt. In der Nähe der ersten Kinderarche in Berlin Hellersdorf habe ich mal gewohnt und habe später in einer christlichen Schule mit den Mitarbeitern der Arche zusammen gearbeitet. Auch einige seiner anderen Bücher (Werbelink) habe ich gelesen.

Dass Kindheit im 21. Jahrhundert in Berlin auch Armut, Einsamkeit, Langeweile und Hunger bedeuten kann, ist traurig, aber wahr. Die Corona-Pandemie treibt diese soziale Ungerechtigkeit weiter voran.

Das verborgene Leid, das Bernd Siggelkow bei seinen Besuchen bei Familien in prekären Verhältnissen erlebt, ist ein Akt des Grauens. Die Hilfesysteme sind heruntergefahren, viele Kinder- und Jugendeinrichtungen geschlossen. Auch wenn die Corona-Pandemie irgendwann überwunden sein wird: Das Leid, das Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Familien erfahren haben, wird lebenslange Folgen haben.
In „Kindheit am Rande der Verzweiflung – Die fatalen Folgen von Lockdown und Isolation“ hält der Arche-Gründer und Sachbuchautor die zum Teil dramatische Situation, in der sich Kinder befinden, fest, und skizziert, wie eine Gesellschaft beschaffen sein müsste, in der das Kindeswohl nachhaltiger geschützt ist. 

Bernd Siggelkow berichtet in dem kleinen Buch mit ca. 100 Seiten aus den Familien, die er in seiner Arbeit kennengelernt hat, schreibt ab März 2020 Tagebuch-ähnliche Berichte über die Machtlosigkeit dieser Tage.
„In einigen Familien ist es gefährlich, wenn niemand mehr an der Tür klingelt.“

Es tut gut zu lesen, wie sein Herz brennt und wie er und seine Mitarbeiter Mittel und Wege finden, trotz Hygiene-Vorschriften und Abstandsregeln den Familien Gutes zu tun.

Das ist es, was mich davor bewahrt, im Weltschmerz (und dabei sind die Kinder ganz in der Nähe) zu ertrinken:

„Jede kleine Tat ist wichtig.“

Wir können nicht alles Unrecht dieser Welt lindern oder vermeiden, aber wenn wir einer Familie helfen, einem Kind Gutes tun, mit offenen Augen durch die Nachbarschaft gehen, großzügig mit Geld und Zeit umgehen, dann ist diese kleine Tat vielleicht für eine andere Person das größte und verändert alles.

Bernd Siggelkow, Jahrgang 1964, arbeitete als Jugendpastor ehe er 1995 in Berlin-Hellersdorf das christliche Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“ gründete. Seitdem entstanden weitere Einrichtungen, z. B. in Berlin-Friedrichshain, in Hamburg und in München. Bernd Siggelkow ist verheiratet und Vater von sechs Kindern. Er erhielt für seine Arbeit das Bundesverdienstkreuz sowie den „Verdienstorden des Landes Berlin“, „Die Arche“ selbst wurde mit der „Carl-von-Ossietzky-Medaille“ durch die Internationale Liga für Menschenrechte gewürdigt.

Möchtet ihr wissen, warum das Buch für mich ein kleines Happy End hat?
Es endet mit den Worten:
„Wir machen weiter.“

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