18. Mai 2019
Ich erinnere mich an einen Beitrag, den ich vor langen Jahren hier geschrieben hab. Über Planänderungen. So ist es doch oft, oder?
Unser Plan seit langem war für heute: Wir gehen in den Zoo! Wir haben Jahreskarten und können es uns auch leisten, an einem vollen Wochenende in den Zoo zu gehen. Nur für den Spielplatz und ein Eis. Nur für ein paar Tiere. Alleine nur fürs Bahn fahren. Oder so. Das ist toll.
Der Papa war von 9:00 bis 22:00 Uhr unterwegs und das Wetter sollte endlich richtig gut werden. Ich schlief aus, ein bißchen jedenfalls… und nach einem schnellen Frühstück fing ich an, unser Zeug zu packen. Wir freuten uns auf den Zoo, Jari ist jetzt im richtig schönsten Entdecker-Alter und die Jungs feiern das Entdecken mit ihm.
Ich suchte unsere Jahreskarten – und stellte fest, dass Papa die Karte von Liam mitgenommen hatte, weil sie zuletzt zu zweit da waren. Mist. Mist, Mist! Die Kinder waren sehr enttäuscht. Ich irgendwie auch. Wir überlegten kurz, trotzdem zu gehen, aber die 8€ Eintritt sind viel, wenn man sie nicht hat und wenn man ja eigentlich die Jahreskarte hat. Außerdem hätten wir ja dann wahrscheinlich anstehen müssen.
Das Wetter war so gut und der Garten lockte irgendwie auch – aber es war jetzt so lange irgendwie November-Wetter und wir wollten an diesem Samstag so gerne raus! Ich versprach den Kindern, am nächsten Tag in den Zoo zu gehen – und so überlegten wir. Britzer Garten? Museum? Oma und Opa besuchen? Zuhause bleiben? Erdbeerhof? Wasserspielplatz? Wannsee?
Es gibt ja echt viele, viele schöne Orte, zu denen man von uns aus gehen oder fahren kann. Ich bin sehr dankbar dafür! Einige Ziele fielen aus Geldgründen aus. Andere wegen zu viel Spontaneität. Wieder andere, weil ich wusste, dass viele Berliner und Brandenburger an diesem sonnigen Samstag sicher auch dort sein würden.
Wir entschieden uns dann für den Spargelhof Klaistow.
Da sind wir sehr gerne, es gibt viele verschiedene Angebote, die wenig bis nix kosten und die Besucher können sich dort ganz gut verteilen. Schnell hatten wir gepackt und in ungefähr 40 Minuten waren wir da.
Weil wir uns spontan entschieden haben, hatten wir jetzt keinen festen Plan und ließen uns erstmal treiben. Wir wollten ein paar neue Dinge ansehen und nicht die Wege gehen, die wir sonst immer gehen.
Die Jungs waren irgendwas zwischen übermütig und genervt und mussten sich erstmal finden. Das dauerte. Und wir schlenderten weit in den Wald zu den Tieren, um uns in Ruhe zu finden.
Falls es unter meinen Lesern immernoch Leute gibt, die meinen, unsere Kinder würden sich nicht streiten…. ähm, nein! Es sind Jungs. Es sind Brüder. Keine weiteren Fragen. – Der eine weiß ganz genau, wie er den anderen auf die Palme bringen kann. Und der andere lässt sich super gut auf die Palme bringen. Und dann flippen sie aus. Der eine laut und tragisch, der andere still und bitter. Das machen sie beide gleich gut.
Der Unterschied ist vielleicht, dass ich versuche, das alles mit sehr viel Ruhe zu klären. Zuhause und in der Öffentlichkeit. Ich bin die, die viel Geduld hat und redet und redet und versteht und vermittelt. Ich versuche wirklich, fair und auf Augenhöhe zu sein. Das klappt gut. Aber es dauert. Ich bin stolz auf meine Jungs, dass sie das verstehen und gut hinkriegen. Um uns herum gab es immer wieder gestresste Familien und mir tun Eltern und Kinder gleich leid, wenn die Bombe dann platzt.
Eine andere Sache, über die ich mich sehr freue, ist der Umgang der Jungs mit dem kleinen Bruder. Er ist, wie gesagt, in einem ganz tollen Alter. Und genau so, wie er weiß, wie er sie bei schlechter Laune wieder kriegen kann, so wissen auch sie, was er braucht, wenn nichts mehr geht.
Und in so einem Durcheinander mit Bruder 1 und 2 hilft Bruder 3 eben auch sehr gut.
Warum erzähle ich das?
Wir waren gegen 12:00 Uhr in Klaistow und ich war kurz danach mehrmals soweit, wieder ins Auto steigen und zurück zu fahren. Die Streitigkeiten haben mich so genervt. Und es gab natürlich nicht mal ordentliche Gründe. Dieses Triezen und Sticheln und Explodieren hat mich verrückt gemacht. Aber irgendwann…. hatten wir die Rehe und Hirsche gesehen, wir hatten erfolglos Geocaches gesucht und erfolgreich Pokémon gespielt, wir hatten die erste Windel gewechselt und fast schon die letzten Kekse gefuttert … und als wir aus dem Wald heraus kamen, war es gut. Es war gut!
Wir fuhren eine 30min. Runde mit einem Traktor über die Felder. Wir genoßen uns und Wind und Sonne. Wir freuten uns über die Freude des kleinen Bruders. Wir zuckelten mit unserem Bollerwagen über den Spargelhof und aßen Eis und Erdbeeren am Springbrunnen. Und es war so schön mit den Kindern.
Sie sind nämlich eigentlich so tolle Kinder, wenn man ihnen durch Müdigkeit, Hunger, Enttäuschung, Angst, Unsicherheit… und allem möglichen hilft. Sie sind so wertschätzend zueinander. So begeisterungsfähig. So aufmerksam und rücksichtsvoll. Und ich möchte das sehen und bewundern – auch wenn sie es waren, die mich vor paar Minuten wütend und traurig gemacht haben. Ich möchte bewundern, wie sie aufeinander warten und aufpassen. Ich möchte sie loben, wenn sie sich trauen, ohne mich zu rutschen. Ich möchte mich voller Freude bedanken, wenn einer beim Wagen und Jari bleibt, damit ich mit dem Anderen aufs Klo gehen kann. So große Kinder hab ich! Ich möchte feiern, wie sie den Kleinen an die Hand nehmen und ihm die Gänse zeigen. Und ich feiere seine stolzen Gesten, die zeigen, wie er zu den Großen gehört und sich ohne Mama die Gänse angucken darf. Ich möchte bemerken, wie er im Sand steht, die Brüder ruft und wie sie aus allen Ecken angeflogen kommen, um ihm einen Stein aus den Schuhen zu schütteln. Ich möchte da sein und das sehen. Und mit ihnen lachen und sie loben.
Seit neuestem ruft er sie.
Er ruft IAM und MIAM. Der Unterschied ist kaum zu hören. Wie gut, dass wir sie so ähnlich genannt haben 😉 Aber wir hören ihn. Und wenn er dann MIAM OOHOM ruft und mit der Hand so eine patschige Bewegung macht, weil einer zu ihm kommen soll, dann ist das einfach süß.
Er nervt sie nicht. Wirklich nicht. Er ist ein kleiner Bruder, von dem seine großen Brüder nicht genervt sind. Sie kichern über ihn und sagen dann „Ach er ist so süß!“. Wirklich. Und das macht mich so glücklich.
Nach erster Langeweile hieß es: „Wir essen ein Eis und fahren dann.“ Und plötzlich war es 18:30 und alle drei hopsten mehr oder weniger im Schlüppi auf dem Wasserspielplatz und konnten sich nicht trennen. Liam sagte: „Mama, ich spiele was alleine, aber ich bin bereit zu gehen. Jederzeit. Auch wenn ich mitten im Spiel bin.“ Dieser Junge kann so rücksichtsvoll sein.
Voller Sonne, Sand und Freude zuckelten wir zurück zum Auto. Jari schlief noch auf dem Weg vom Parkplatz zur Straße ein. Ich machte uns ein Hörspiel im Auto an und schnell verging die Zeit bis zuhause.
Der Tag war so nicht geplant. Und vielleicht hätte es anders besser geklappt. Und vielleicht hätten wir ein paar Streitigkeiten auslassen können. Aber am Ende des Tages bin ich dankbar für meine Kinder, die drei Brüder. Ich bin dankbar, dass wir einen perfekten Parkplatz nahe am Spargelhof gefunden haben. Ich bin dankbar für den Traktorfahrer, der Jaris Eintrittgeld nicht haben wollte, obwohl man mit 2 Jahren eigentlich zahlen muss. Ich bin dankbar für frisches Erdbeereis. Ich bin dankbar für Kinderlachen. Ich bin dankbar für Sonne und Wasser und Sand. Und ich bin dankbar, dass wir morgen in den Zoo fahren können!
Ich möchte da sein.
Dabei sein in diesem Sommer.
Mein Alltag ist ihre Kindheit.