Let it go!

26. März 2024

Im Februar 2022 habe ich einen Blog-Eintrag geschrieben..
Ich hab ihn nie veröffentlicht.
Und nie gelöscht.

Ein Ende der Pandemie lag in der Luft und es hat mich beschäftigt, wie wir Menschen in den 3 Jahren miteinander umgegangen sind. Ich wollte einen Beitrag über Vergebung schreiben, weil ich gemerkt habe, dass wir alle nach den Corona-Jahren so viel Last mit uns herumschleppen.

Aber dann begann der Krieg gegen die Ukraine – und Worte über Loslassen und Vergebung sind mir irgendwie im Hals stecken geblieben. Eine andere große Krise fand ganz in der Nähe statt und neue Angst und Panik beschäftigte uns.

Jetzt sind nochmal 2 Jahre vergangen.
Die Welt dreht sich wild weiter, wir lesen Schlagzeilen, von denen wir nie geglaubt hätten, dass sie tatsächlich wahr sind – und eine Pause zum Durchatmen, Entspannen und gemütlichen Reflektieren wird es wohl nicht geben. Wir müssen sie uns nehmen.

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Vor einigen Tagen jährte sich der Corona-Beginn zum vierten Mal und ich habe ein paar Rückblicke gelesen. Da ist noch Schmerz da. Ich sehe die Fotos und lese meine Texte und staune, wie weit weg sich das anfühlt. Wir haben keinen Schaden genommen, die Kinder haben keinen Schaden genommen. Es war eine intensive Zeit. Vergebung und Loslassen ist noch immer ein Thema.

Politiker haben Fehler zugegeben. Wir wissen mehr, als damals. Vielleicht sind schlimme Ängste eingetroffen. Oder nicht. Vielleicht sind Beziehungen zerbrochen. Wir können nicht zurück.

Und deswegen habe ich mich entschieden, den Beitrag jetzt zu posten.
Wir müssen die Vergangenheit hinter uns lassen.

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Februar 2022

Die ersten Blogger und Texter formulieren und veröffentlichen Corona-Rückblicke. Es geht langsam aber sicher in Richtung „Ende der Pandemie“, in Richtung „FreedomDay“. Auch in meinem Herzen entstehen schon seit ein paar Wochen einige Worte, die raus wollen.

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Wie kommen wir aus dieser Zeit?
Wie gehen wir weiter?
Was nehmen wir mit?
Was lassen wir?

Fest steht: Wir können nicht zurück zum 10. März 2020, als unsere Welt noch in Ordnung war. Es geht einfach nicht. Zu viel ist passiert – und zu viel ist nicht passiert. Es wird ein Vorher und ein Nachher geben.

Ein Teil von mir trauert dieser Zeit vor Corona hinterher – das Leben war so anders! Voll. Bunt. Laut. Schnell. Ein anderer Teil von mir möchte nicht mehr zurück. Waren wir nicht alle in irgendwelchen fremdgesteuerten Hamsterrädern, die durch scheinbar nichts zu stoppen waren?

Wir haben uns verändert. Wir alle haben etwas oder sogar jemand in diesen zwei Jahren verloren.. wir haben um Leichtigkeit, Hoffnung, Gesundheit und Menschlichkeit gekämpft. Gehorsam und Verstand. Bis an unsere Grenzen und darüber hinaus. Mehr als einmal habe ich mir an den Kopf gefasst und konnte nicht glauben, was ich gehört oder gelesen habe. So viele Fragen. Immer diese Zahlen. Fassungslosigkeit. Trauer. Wut. Druck. Angst. Misstrauen. Stress. Überforderung. Erschöpfung. Und diese Müdigkeit!

Das „neue Leben“ hatte auch Schönes. Wir haben Zeit bekommen. Zeit zusammen. So viel Zeit. Stunden und Tage, die verschwimmen und eins werden. Zeit für die eigenen vier Wände. Zeit für Video-Anrufe und Telefonate. Zeit zum Lesen, Puzzlen, Schlafen, Malen, Basteln, Bauen, Lernen. Neue Prioritäten und Strukturen. Ein bißchen Mut und Trotz zur Freiheit.

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Teilweise habe ich mich erschrocken und gewundert. Über das Verhalten von Menschen. Freunden. Bekannten. Und über mich selbst.
Wir verändern uns, wenn die Welt sich verändert.
Es kommt hoch, was in uns steckt. Ob wir das wollen oder nicht.
Da kommen Ängste und Wut- oder Mutausbrüche, die uns vorher nicht bewusst waren. Die einen brauchen die Regelungen zum Überleben, um nicht zu fallen – die anderen brauchen Grenzen, um sie zu dehnen und zu testen. Wie wichtig ist Gehorsam? Weisheit? Verständnis? Vertrauen?

Ich habe das Gefühl, so viel nachholen zu wollen.
Angefangen mit meinem 35. Geburtstag. Das war ein wunderbar sonniger Samstag im April 2020, den ich fast alleine im Garten verbracht hab. Das hat weh getan.
Es gab unzählige Geburtstage, runde Geburtstage, Kindergeburtstage, Hochzeiten, Urlaube, Geburten, Beerdigungen, Einschulungen, Taufen, Schulabschlüsse, Jubiläen, Einweihungsfeste, … viele Tage, die man mit denen verbringen wollte, die man lieb hat.
Große Augenblicke, die völlig neu geplant werden mussten. Vorfreude und dann Absagen. Winken am Fenster, Zaun-Besuche, Umarmungen als Pantomime, Gratulationen übers Telefon, Ja-Worte am Bildschirm, Geburten im Nebenzimmer. Das tut weh. Da fehlt etwas. Für immer. Das kann uns niemand mehr zurück geben.

Und was ist mit den Momenten, die man nicht nachholen und so-tun-als-ob kann? Was ist mit den Babys, die ab 2020 geboren wurden und fremde Gesichter fast nur mit Maske kennen? Was ist mit dem ersten Elternjahr in Isolation, das nun nie wieder kommen wird? Was ist mit den Schuljahren, die einfach fehlen? Was ist mit dem Lernstoff, der hätte dran sein müssen und nicht wiederholt wird? Was ist mit der Chance im Beruf, die für immer verloren ist? Was ist mit dem besonderen, lange geplanten Urlaub, die Reise, die nun nicht mehr möglich ist? Was ist mit der Selbständigkeit, dem Start-up, dem mutigen Schritt, der uns alles gekostet hat? Was ist mit den Geschäften oder Marken, die die Zeit nicht überstanden haben und für immer eingegangen sind? Was ist mit Beziehungen und Ritualen, Traditionen und Strukturen, die sich nach vielen Jahren für immer verändert haben? Was ist mit gescheiterten Existenzen, zerbrochenen Familien, schweren schmerzhaften Entscheidungen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können?

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Es tut weh, das zu schreiben.
Denn so schön ich mir die Welt auch drehen und das Gute suchen kann: Diese zwei Jahre waren hart! Für uns alle. Aus vielen verschiedenen Gründen.

Und zu dem Ärger über ein blödes Virus, für das (hoffentlich) keiner was kann, kommt der Ärger über Menschen, die uns weh getan haben.

Die, die uns aus dem Weg gegangen sind.
Die, die uns panisch anschauen, wenn wir husten mussten.
Die, die die Straßenseite gewechselt haben, weil wir mit Kindern unterwegs waren.
Die, die die Spielplätze geschlossen haben.
Die, die Recht vor Gnade sehen.
Die, die Veranstaltungen abgesagt haben.
Die, die uns nicht mehr eingeladen haben.
Die, die uns genommen haben, was uns zugestanden hätte.
Die, die uns schlecht benotet haben.
Die, die die Internetverbindung lahmgelegt haben.
Die, die einfach kein Verständnis haben.
Die, denen Macht und Geld einfach immer wichtiger war.
Die, die harte Entscheidungen trafen, ohne selbst betroffen zu sein.
Die, die einfach nicht an uns gedacht haben..
.. an Künstler, Restaurant-Besitzer, Eltern, Kinder, Pflegefälle, Pflegekräfte, Systemrelevante …
Die, die einfach kackfrech über unser Wohl entschieden haben.
Die, die Soforthilfe klauen.
Die, die die Hygienevorschriften missachten.
Die, die von den zwei Jahren profitiert haben.
Die, die auf Kosten der systemrelevanten leben.
Die, die Öl ins Feuer gießen.
Die, die mit ihren Worten manipulieren.

Oh, was könnten wir uns aufregen! Über Politiker. Journalisten. Wissenschaftler. Mediziner. Forscher. Gegner. Demonstranten. Leugner. Angst-Macher.

Das Leben ist nicht fair – das hat die Pandemie gezeigt. Die Pflegekräfte und Lehrkräfte rufen um Hilfe, das haben sie vorher schon getan. Die Eltern und Kinder rufen immer leiser – aber sie hätten Hilfe und Unterstützung so dringend gebraucht.

Ich finde, da läuft in Deutschland etwas nicht ganz richtig!
Aber.. war das vorher denn anders?

Süddeutsche Zeitung
Instagram, Veronika Smoor

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„Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig,
wenn jemand euch Unrecht getan hat.
Denn auch Jesus Christus hat euch vergeben.“

Die Bibel
Kolosser‬ ‭3,13‬ ‭

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März 2024

Auch, wenn Politiker vielleicht Fehler zugegeben haben, können wir nicht darauf warten, dass Dinge wieder gut gemacht werden. Keine Worte und kein Geld können die Jahre zurückholen.

Und wenn Dinge wiederhergestellt werden können, dann gibt es neue Krisen, Verluste und Katastrophen, die uns überwältigen wollen. Wie kann unser Herz weich bleiben?

Es liegt an uns, uns von dem Schmerz und der Wut zu befreien.
Es liegt an uns, loszulassen, was uns enttäuscht und krank gemacht hat.
Es liegt an uns, die Vergangenheit, die wir nicht ändern können, hinter uns zu lassen.
Es liegt immer an uns, den ersten Schritt nach vorn, in eine neue Freiheit, zu gehen.
Es liegt an uns, die Hände zu öffnen, zu vergeben und Vergebung zu empfangen.

Ich wünsche uns allen, dass wir frei von Schmerz und mit viel Leichtigkeit nach vorn schauen können. Ich wünsche uns, dass wir uns, unseren Kindern und Mitmenschen unser Gepäck nicht aufladen müssen, sondern es dort abgeben können, wo es bleibt und uns nicht mehr verfolgt.

Und die leeren Hände und freien Herzen können wir uns dann füllen lassen…

… mit Zuversicht, Hoffnung, Leichtigkeit, Mut, Glaube, Freude, Optimismus, Lebensfreude, Weichheit, Gnade, Frieden, Erwartung, Standhaftigkeit, Vertrauen, Güte, Ruhe, Fröhlichkeit, Stärke, Herzlichkeit, Zutrauen… Nimm dir, was du brauchst!

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