In dieser Woche bin ich alleine mit Jari.
Die großen Jungs sind noch mit Oma+Opa im Urlaub.
Mein Mann ist dienstlich in Kalifornien unterwegs.
Dass wir beide hier sind, kam irgendwie spontan, weil lange nicht fest stand, wann genau die Flüge sind, ob ich mit Jari noch bei den Jungs bleibe oder ob sogar alle drei Jungs bleiben und wir zu zweit nach Kalifornien fliegen.
Und habe mir das schön vorgestellt, nur Jari und ich. Ich wollte viel schaffen und viel lesen und eben viel mit Jari sein. Ich hab mich an die Zeit mit nur einem Kind erinnert, wie viel Zeit ich da hatte und wie ruhig die Tage waren… Im Moment wäre ich aber lieber mit ihm irgendwo bei den Kindern oder noch lieber natürlich auch in Kalifornien! Es ist ein bißchen einsamer und langweiliger, als ich dachte.
Jari langweilt sich. Er versteht nicht, warum die Brüder und der Papa weg sind. Er guckt in die Zimmer und zeigt auf die Fotos – und er hängt und klebt an mir, damit ich nicht auch noch gehe. Was er sich wohl denkt? Wenn ich einen Löffel in die Spülmaschine stecke, steht er neben mir und holt zwei wieder raus. Wenn ich Wäsche lege, ist er da und räumt aus, was ich eingeräumt habe. Ich hatte das etwas anders geplant. Ich wollte viel putzen, schreiben, lesen, abarbeiten, vorbereiten und so.
Aber was ich nicht fertig schaffe, lasse ich eben liegen – das sieht ja jetzt niemand. Spätestens Freitag muss ich fertig sein. Ich gucke Serien, die mein Mann nicht mitgucken würde und ich esse, was ich mag. Ich gehe schlafen, wann ich will und wir stehen auf, wann wir wollen. Aber irgendwie ist es trotzdem ganz anders, als damals, mit nur einem Kind. Was habe ich damals nur gemacht?
Ich war schon früher nicht die Mama, die gerne stundenlang auf dem Boden saß und imaginären Kuchen gegessen hat und sich imaginäre Wunden hat verarzten lassen. Und Jari spielt so noch nicht. Er mag Bücher, Bälle oder kleine Stapel-Spiele, aber länger als 3 Minuten spielt er nicht alleine, wenn ich nicht dicht daneben bin. Eher räumt er eben hundertmal in der Küche das IKEA-Kinderbesteck aus, als mit einem Auto über den Teppich zu brummen. Und nach 30 Minuten auf-Mamas-Schoß-sitzen kommen dann vielleicht mal 3 Minuten Ball-durchs-Haus-kicken.
Damals musste ich mich sehr dran gewöhnen, mit Emilian zu reden – obwohl er ja die ersten 2 Jahre kaum Antworten geben konnte. Ich fand es einfach merkwürdig, so halb mit mir selbst zu reden. Und jetzt geht es mir ähnlich. Wenn wir alle hier sind, ist Jari immer mittendrin und hört alles und sieht alles und lebt auf in unserer Lebendigkeit. Jetzt ist es still. Ich erinnere mich tagsüber, dass ich ja mit Jari reden könnte. Ich schätze die Zweisamkeit, seine Gestik und Mimik für mich allein zu haben – und er schätzt genauso die ungeteilte Aufmerksamkeit, die er bekommt.
Er langweilt sich, vielleicht. Er kennt dieses Leben nicht. Er kann sich grad nicht so gut alleine beschäftigen – obwohl alles da ist. Das ist er einfach nicht gewohnt. Er ist noch zu klein, um länger alleine im Zimmer zu spielen und schon zu groß, um einfach mit kleinen Snacks und Wäscheklammern auf dem Boden beschäftigt zu werden.
Unser Haus ist keine Wohnung mehr, durch die ich in 10 Schritten gehen kann. Es gibt mehr Zeug, mehr Zimmer, mehr Dreck, mehr Wege, mehr Arbeit und mehr Ecken, die scheinbar die letzten 3-6 Jahre kaum beachtet wurden.
Heute habe ich richtig viel geschafft.
Ich habe alle Stühle und Tische abgewischt – sind die nur bei uns so schmutzig? Ich habe ein paar Fenster geputzt, Schränke und Heizungen gewischt. Das alles dauerte vielleicht 2 Stunden – dafür brauche ich sonst Wochen! (Und wenn ich am Ende bin, ist der Anfang sowieso wieder dreckig) Wir waren zusammen spazieren und einkaufen und in der Mittagspause habe ich für meine Weiterbildung den Geburtsbericht von Emilian aufgeschrieben. Wir haben mit Papa geskypt, Kekse gegessen und draussen mit Wasser gespielt.
Und ich habe mir gedacht, ich schreibe mal drei Tipps für frische Ein-Kind-Eltern auf.
Vielleicht helfen sie. Ich glaube, mir hätten sie geholfen.
1. Seid entspannt mit dem Haushalt!
So viele neue Mamas oder Papas haben vielleicht den Eindruck, niemals mit der Arbeit fertig zu werden. Küche. Wäsche. Einkauf. Kleidung. Garten. Ich war auch so. Wenn etwas dreckig war, habe ich geputzt. Wenn etwas dran war, hab ich es gemacht. Ich hab mir wenig Pausen gegönnt. Wie sauber unsere Böden waren! – Und jetzt denke ich: „Egal. Wird ja eh wieder dreckig, kann also noch so 1 oder 2 Tage oder Wochen warten.“ Und das sage ich nicht, weil ich nicht die Zeit hätte. Ich habe manchmal einfach keine Lust!
Der Haushalt wartet, Leute.
Die Kindheit nicht.
Unser Alltag ist ihre Kindheit!
Mit einem Kind hab ich ziemlich viel Wert auf Sauberkeit gelegt. Bei zwei Kindern konnte und musste ich lernen, Dinge liegen zu lassen und Böden dreckig zu lassen. Und jetzt mit drei Kindern habe ich es sogar schon ein einziges Mal geschafft, nicht zu putzen, bevor Besuch kam. Aber das hat sich echt komisch angefühlt.
Bügeln ist unnötig und Wäsche sortieren können die Kleinen auch.
Und um Hilfe bitten dürft ihr.
Das kann man auch lernen.
Aber das ist nochmal eine andere Geschichte.
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2. Gönnt euch Pausen!
„Schlafe, wenn das Kind schläft!“
Bla bla bla. Wer macht denn sowas? Die Zeit wird gefälligst genutzt! Duschen. Schreiben. Abwaschen. Bügeln. Wäsche aufhängen. Telefonieren. Nägel lackieren. Kochen… Und tatsächlich mache ich mit Kind Nummer 3 so viel Mittagsschlaf, wie nie vorher. Dabei gibt es so viel zu tun, wie nie vorher. Aber egal. Kaffeepause. Mittagspause. Freundinnenpause. Großer-Sohn-Pause. Ehe-Pause. Durchatmen. Arbeit links liegen lassen. Kopf ausschalten. Lachen. Kraft tanken. Immer wieder zwischendurch, nicht erst abends nach 22:00 Uhr, wenn sowieso kaum Kraft da ist.
Die Kinder und Partner brauchen euch gesund und fit und gut gelaunt und wach.
Eine glückliche Mutter ist eine bessere Mutter!
Und Glück und Zufriedenheit kommt, wenn wir uns Zeit für uns nehmen, uns entspannen, uns schön machen und fühlen und mal zwischendurch nur an uns denken. Ein Glas Wein. Eine Serie. Ein Schwimmbad-Besuch oder ein Abend mit Freundinnen. Hat noch keinem geschadet. Und die Männer kommen mit den Kindern viel besser klar, wenn wir mal so richtig weg sind. (Das heißt nicht, dass sie die Kinder ordentlich anziehen…)
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3. Macht mehr Kinder!
Wirklich.
Vielleicht kann sich das keiner vorstellen, aber es wird mit mehr Kindern einfacher!
Geschwister sind ein Geschenk.
Für Eltern und Kinder.
(Natürlich hängt das ein bißchen von den Umständen und zum Beispiel dem Alterabstand ab. Ich könnte jetzt nach 11 Jahren Ehe locker 6-8 Kinder haben – und würde dann weder bloggen noch lackierte Nägel haben noch jetzt um 21:30 Uhr lebendig am Wohnzimmertisch sitzen)
Der Wechsel vom Paar-sein zum Eltern-werden ist unglaublich. Alles ändert sich. Auch, wenn das Kind an sich kaum auffällt, wie es mit Emilian war, braucht man irgendwie doch mehr Zeug und denkt plötzlich für jemand anderen mit und ist etwas weniger frei. Der Wechsel zum 2. Kind war bei uns ordentlich turbolent. Emilian war mit seinen 2 Jahren doch noch klein und ich war tagsüber lange alleine mit den beiden Jungs im neuen Haus mit vielen Baustellen. Und jetzt genieße ich es sehr, dass die beiden einen kleinen süßen Bruder haben und dass der kleine Jari so tolle große Brüder hat.
Sie sehen sich.
Sie helfen sich.
Sie denken mit.
Sie lernen voneinander.
Sie gehören zusammen.
Für immer.
Niemand von ihnen würde beim Tisch decken nur einen Teller hinstellen. Wenn Liam irgendwo eine Süßigkeit bekommt, fragt er grundsätzlich, ob er noch eine für seinen Bruder haben darf. Wenn Emilian sieht, dass Jari beim Spaziergang zurück hängt, flitzt er zu ihm, hebt ihn hoch und schleppt ihn wieder zu uns. Wenn ich einen Nuckel suche, findet einer der beiden Brüder ihn zuerst. Wenn Jari sich weh getan hat, ist sofort ein Bruder zur Stelle. Wenn ich so etwas wie eine Neuigkeit oder eine Absprache mit Emilian oder Liam teile, dann dauert es nicht lange, bis ich sie tuschelnd irgendwo entdecke und ahne, über was sie reden.
Ja, es ist anstrengend.
Und unser Körper macht nicht immer so wunderbar mit.
Und es ist laut.
Und dreckig.. meine Güte.
Aber es ist die Mühe wert.
Es ist ein großes Glück.
So viel Liebe.
Und wenn ihr Mamas jetzt die Hormone in euch spürt und euer Kind anschaut und seufzend lächelnd an die erste Baby-Zeit denkt… Ja genau! Eins geht noch!
[…] * Immer mal wieder denke oder rede ich darüber, ob es wohl dieses „Wir sind fertig mit Kindern“-Gefühl gibt. Weil, wenn ja.. dann kenne ich es noch nicht. Oben genannte Situationen sowie das Chaos in Kinderzimmern, Kleiderschränken und Termin-Kalendern halten mich eher davon ab, an ein 4. Kind zu denken. Die Doula-Weiterbildung arbeitet stark in die andere Richtung. Mal sehen, wer gewinnt. Ich bleibe dabei, dass das Leben mit mehr Kindern einfacher und wertvoller wird! […]