26. Februar 2020
Es ist viel gerade.
Von allem etwas.
Wenn ich die Sätze „Es ist nur eine Phase.“ und „Sie werden so schnell groß.“ und „Wo ist die Zeit geblieben?“ nicht kennen würde, würde ich wahrscheinlich durchdrehen.
Die Tage sind lang, doch die Jahre sind kurz.
Mein Tag gestern, zum Beispiel.
Der Wecker klingelt 6:15 Uhr. – Aufstehen, fertig machen, alles für Fasching vorbereiten, zur Schule. – Gleich danach zur Arbeit. – Nach der Arbeit wieder zur Schule und mit Kindern nachhause. – Sofort in den Garten, Hasen in die Sonne, erste Arbeit in den Beeten, Stall ausmisten. Kaffee im Garten. Im Stehen. Nebenbei Hausaufgaben-Kontrolle hier, Windeln wechseln da. – Zwei Stunden später Kinder zum Filmabend in die Schule bringen. Währenddessen mit dem Kleinen den Einkauf erledigen. – Nachhause, Zeug auspacken, 5 min. sitzen, Kind vom Film abholen, dann Elternabend. – Nachhause laufen, Protokoll abtippen, mit dem Mann auf der Couch reden. – Nach Mitternacht ins Bett.
Das war kein normaler Tag, aber ich hab das Gefühl: Solche Tage häufen sich gerade. Ich danke Gott für meinen Optimismus, für meine Fähigkeit, mit sehr wenig Schlaf auszukommen, für meine Fähigkeit, in einer 5minütigen Kaffee-Pause Kraft zu tanken und für meinen Mann, der so viel abfängt und sich anhört und der mir so gut tut.
Ich weiß nicht, wie ich das sonst schaffen würde.
Ein bißchen denke ich mir, dass das gerade der Sturm vor der Ruhe ist… also die wilden Jahre mit großen Kindern – bevor sie noch größer werden und sich ihr Tagesrhythmus ändert und wir uns nur noch am Wochenende sehen. Und wenn sie Hunger haben. Oder frische Wäsche brauchen. Erfahrene Eltern sagen ja sowas….
Also nehme ich jeden Tag, wie er kommt.
Ich sorge mich nicht um Morgen – da wird es genug zum Denken geben. (Ja, das ist ein Satz aus der Bibel und ich mag ihn.)
Unsere Kinder sind 9, 7 und 3 – und keins von ihnen hat ein Seepferdchen-Abzeichen. (Was nicht heißt, dass sie nicht schwimmen können.)
Ich bringe die Schulkinder noch zur Schule.
Wir essen unsere Mahlzeiten als Familie meist gemeinsam.
Die Kinder schauen kein TV.
Filme oder Spiele am Handy gibt es nicht täglich und wenn, sind wir dabei.
Außer an zwei Tagen haben sie keine festen Termine am Nachmittag.
Ich weiß nicht, warum ich das schreibe. Vielleicht ist es mir peinlich? Vielleicht ist es das, was meine Kinder von anderen unterscheidet? Vielleicht bin ich es, die sich nicht lösen kann?
Mit größeren Kindern kommen größere Aufgaben und größere Freuden.
Wir haben tolle Kinder! Kinder, die Geborgenheit, Sicherheit und den Schutz der Familie vielleicht etwas länger als andere genossen und gebraucht haben. Mit dem Ergebnis, dass sie sich sicher und selbstbewusst bewegen und sich neue Dinge zutrauen.
Der große Sohn singt plötzlich Text- und Noten-sicher aus der Oper „Die Zauberflöte“ vor, weil das ein Projekt in der Schule ist. Er spielt den „Schneewalzer“ auf der Trompete vor und übt in der Schul-Band. (Für alle Eltern, die in der „Paw Patrol“ und „Bob der Baumeister“ – Phase feststecken, die Lieder nicht mehr hören können und glauben, diese Phase würde nie aufhören…) Er kann echt gut tanzen. Er ist ein wirklich guter Freund, der die sieht, die nicht im Mittelpunkt stehen. Er liebt Humor, Wortwitze und das Spiel mit Sprache und ich liebe sein glockenhelles Lachen. Er lernt Französisch in der Schule und Englisch irgendwie zuhause nebenbei. Er ist emphatisch, ob es um Menschen, Tiere oder Pflanzen geht. Und er liest plötzlich! Richtige Bücher. Mit alles-andere-vergessen und so.
Der mittlere Sohn hat mehr Mut, Lautstärke und Feuer, als wir manchmal fassen können. Er wollte zuerst allein von der Schule nachhause kommen, allein mit dem Bus fahren und der Kracher: In der letzten Woche (Februar, 5 Grad) hat er sich entschieden, auf dem Baumhaus zu übernachten. Einfach so. Sprach’s, nahm seinen Schlafsack, stieg aufs Baumhaus, legte sich hin und schlief. Kam 6:30 Uhr am nächsten Morgen, um in die Schule zu gehen. Bäm. (Mein Mann hat sich später dazu gelegt und ihn da nicht allein gelassen.) Er ist laut und liebenswürdig, wild und weich. Manchmal braucht er einen Boxsack und dann wieder baut er ein Holzbettchen mit Opa für ein Kuscheltier. Manchmal schmeißt er sich komplett mit Kleidung in eine Matschpfütze und dann bekommt er Stempel ohne Ende für den leisesten Schüler der Klasse.
Ich kann manchmal nicht glauben, dass die Entscheidung für das dritte Kind am längsten Zeit gebraucht hat. Wir hatten ja keine Ahnung! Ich glaube, wir alle 4 anderen wünschen, er würde niemals groß werden. Mag er auch frech, laut und gemein sein: Niemand kann dem kleinen blonden Wirbel lange böse sein. Es ist so wunderbar, das Leben durch kleine Kinderaugen zu entdecken – ob man nun 7 Jahre alt oder 35 Jahre alt ist. Mit 3 Jahren spricht der Kleine nun fast alles nach oder selbst – allerdings in süßer Sprache. Er liebt das Leben, das er von uns Großen kennt. Er denkt mit. Er achtet auf Dinge. Er gehört dazu. Er trägt noch Windeln. Er kommt jede Nacht irgendwann in unser Bett. Und er wird geliebt und geknutscht und gekitzelt und verwöhnt.
Und so liebe ich es, Mama von drei Söhnen zu sein!
Ich erinnere an Brotboxen und Hausaufgaben. Ich trage den Kleinen, wenn der Mittagsschlaf dran ist und wir unterwegs sind. Ich lerne mit dem Großen Französisch, obwohl ich keine Ahnung hab. (Je ne parle pas français…) Und ich wasche die Matsch-Hosen des Mittleren.
Ich halte Dreck, Müdigkeit und Lautstärke aus. Weil ich weiß, warum.
„Mein Alltag ist ihre Kindheit.“
Auch so ein Satz.
Drei Brüder – und so unterschiedlich. So aufregend. So chaotisch. So viele dreckige Socken. Und so viel Lachen. So voll die Tage auch sind.
Meine Arbeit, meine Ehrenämter, mein Business in Schule und Kita, meine Freundschaften, Haus und Garten, meine Termine und Verpflichtungen – das ist alles da und es ist gut. Aber wenn meine Kinder und mein Mann nicht wären, dann wäre dieses Leben nicht so. Nicht so voll. Nicht so wunderschön.
Ich versuche, Prioritäten richtig einzuordnen, Dinge zu verschieben, die warten können und Dinge zu erledigen, die dran sind. Und ich versuche, die Jahre zu sehen, zu genießen und anzunehmen, die da sind. Mit Dankbarkeit.
Die Tage sind lag, aber die Jahre sind kurz.