Geduld und … Ablenkung

Ich bin eine entspannte Mama.
Ich bin eine geduldige Mama.
Ich bin eine konsequente Mama.

Das ist kein Mantra, das sind meine Stärken.

Ersteres habe ich mir in der Schwangerschaft mit Emilian vorgenommen und eingeredet und meist klappt es gut.
Zweiteres könnte immer noch besser laufen.
Wenn ich aber konsequent sein möchte, kann ich viieel Geduld aufbringen.

Das ist mein Erziehungs-Geheimnis.
Konsequenz ist alles.
Konsequenz entscheidet, wer gewinnt, wer duchhalten kann. Konsequenz zeigt, wer am längeren Hebel sitzt und wer über den anderen bestimmt.

Auch, wenn es sich so anhört, hat das nichts mit Gewalt oder Erpressung oder Manipulation zu tun!
Für mich bedeutet Konsequenz: zu meinem Wort stehen.
Meine Jungs sollen wissen, dass ich meine, was ich sage. Und dass mich kein noch so süßes Lächeln und kein noch so peinlicher Wut-Anfall davon abbringen kann! Ihr glaubt nicht, wie lange sich meine Kinder merken, wenn ich einmal nicht konsequent war.
Und genauso lange habe ich Ruhe, wenn ich ein paarmal Kraft und Geduld aufbringen muss, aber Konsequenz beweise!
Denn Kraft und Geduld wird verlangt werden.
Wenn ich sage: „Du räumst fertig auf, bis ich bis 3 gezählt habe“, dann muss ich ggf. bei 3 auch aufstehen und handeln. Jedes Kind kennt das.
Wenn ich sage: „Komm jetzt zu Mama, sonst hole ich dich.“, dann muss ich ihn holen, auch wenn ich lieber sitzen geblieben wäre.

 

Emilian hat unsere Regeln meist schnell gelernt. Wenn eine Sache so war, dann war sie eben so. Keine Fragen, nicht viel Geteste.
Liam testet alles aus. Mehrmals.
Wenn wir ihm seit 2 1/2 Jahren einen Schlafsack zum Schlafen anziehen, heißt das nicht, dass er das im 32. Lebensmonat nicht nochmal hinterfragen kann.
Wenn der Nuckel seit ein paar Monaten nur noch zum Schlafen da ist, wird trotzdem immer mal wieder wild gejammert.

Eine Regel, die mich in all‘ den (vier) Jahren immer wieder viel Geduld gekostet hat, ist: der Teller wird leer gegessen.

Ich weiß nicht, warum meine Kinder immer wieder die Wurst und den Käse vom Brot klauen, obwohl sie wissen, dass sie danach das Brot so essen müssen. Ich weiß nicht, warum sie immer wieder hoch und heilig versprechen, das Brot später zu essen und es dann immer wieder nicht wollen.

(Irgendwann dachten wir, wir wären ganz schlaue Eltern und nehmen nur noch Frischkäse/Leberwurst/Marmelade…. Ihr glaubt nicht, wie sauber sowas abgeleckt, -gekratzt werden kann, ohne auch nur einen Krümel Brot zu essen!)

Wenn meine Söhne mir versprechen, das Brot nach dem Belag zu essen und wenn sie wissen, dass ich das erwarte, dann bin ich konsequent. Aber Hallo! So ein Geschummel kann ich überhaupt nicht leiden. Niemand sonst isst den Belag vor dem Brot. Wer macht denn bitte sowas? Wozu gibt es dieses Belag-System?

(Meine Oma würde jetzt sagen: „In der Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot.“
Aber sie darf das. Sie ist die Ur-Oma.)

Bei mir aber muss das Brot gegessen werden.
Im Idealfall sitzt die ganze Familie eben ein paar Minuten länger da, bis „der Übeltäter“ das Brot in sich hineingestopft hat. Im nicht-ganz-Idealfall müssen auch Gäste, die mit zu Abend essen, sitzen bleiben und warten. Die Gefahr besteht dann, dass „der Übeltäter“ es sogar genießt, im Mittelpunkt zu stehen. Wenn es noch weniger der Idealfall ist und wir uns weder vor noch zurück bewegen, komme ich „dem Übeltäter“ entgegen und esse ein Stück Brot auf.

Wenn es überhaupt gar nicht ideal abläuft, dann sitzen wir. Und sitzen.
Erst zu viert, dann zu dritt.. und irgendwann nur noch zu zweit. „Der Übeltäter“ und ich.

Das Kind muss im Stuhl sitzen (oder stehen) bleiben, bis es aufgegessen hat.
Es geht nicht darum, es vollzustopfen oder sein Völlegefühl zu ignorieren. Jeder kann ein halbes Brot essen.
Es geht um’s Prinzip! Es geht darum, ein Wort zu halten und vorausschauend zu essen. Manchmal hilft es, den Bruder schon spielen zu sehen, manchmal nicht. Manchmal hilft ein Schluck Saft, manchmal nicht. Manchmal gibt es Tränen und Wut, manchmal nicht.

Ich erinnere mich an eine Szene mit Emilian.
Wir hatten es eilig und mein Plan drohte zu scheitern. Doch dann läuteten die Kirchenglocken neben unserem Haus, mein lieber Sohn war so überrascht und abgelenkt, das er die letzten Stücke schnell aufaß.

Heute wollte Liam die letzten Stücke Brot nicht essen.
Die Wurst war schon lange weg. Ich zerschnitt das Brot, damit 3 kleine Stücke übrig blieben. Ich saß neben ihm, schickte Emilian zum Spielen in ein anderes Zimmer und machte es mir bequem. Ein bißchen traurig war ich über die Zeit, die meiner Mittagspause fehlen würde. Ich wusste nicht, wann und wie er das Brot essen würde – ich wusste nur, dass ich ihn und mich so lange am Tisch halten würde, bis er gegessen hätte. Er war gut drauf und übermütig, kein Grund, nachzugeben. Ab und zu versuchte er, aufzustehen, aber er wusste, worauf wir warteten.
Es wurde später und später. Ich legte ihm zwei Stücke hin und aß das dritte auf. Aber Liam hielt durch. Kein Hörspiel und kein Nuckel – nichts konnte ihn locken.

Da sah ich, dass vor dem Haus ein Transporter mit einem neuen Auto drauf vorbeifuhr. Ich rief Emilian.
„Emilian, da ist gerade ein Transporter vorbei gefahren. Willst du mal gucken, ob er es in unserer Straße ablädt?“

Es war nicht ganz ohne Hintergedanken, aber eigentlich wollte ich Emilian doch nur fragen, ob er das sehen wollte. Er ging vor die Tür, sah den Transporter und fragte mich, ob ich mitkommen könnte.
„Ja, ich komme gleich gucken, wenn Liam aufgegessen hat…“
Wisst ihr, wie schnell die zwei Brotstückchen weg waren?

Danke Gott, für die Ablenkung!

Zusammen sahen wir uns den Transporter und das neue Auto an, gingen zum Briefkasten und fanden sogar eine Karte von Oma für Liam.
Was für eine Belohnung!

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