Habe ich schon gesagt, dass es ein großer Fortschritt ist, wenn ein Kind die Sprache entdeckt? Wenn das Formen der neuen Laute und das Ausprobieren vorbei ist, kommt nämlich das gezielte Benutzen neuer Wörter!
Emilian verarbeitet Erlebtes lange, jedenfalls erzählt er von manchen Dingen, die weit zurück liegen. Umso froher bin ich, wenn ich verstehe, was er meint und darauf eingehen kann – sein Gesicht spricht dann Bände! Und mit wenigen Worten erzählt er das Erlebte oder das, was ihm am Wichtigsten war.
Gestern beim Einschlafen war er ein bißchen unruhig und brauchte irgendwie einfach Zeit, um noch ein bißchen zu reden, zu spielen und zu wühlen. Immer wieder stand er im Bett auf und erzählte irgendetwas. An seiner Haltung und (wenn es hell ist) in seinem Gesicht sehe ich schon, dass er nachdenkt oder sich erinnert oder ein bestimmtes Wort sucht. Gestern kamen folgende Wörter:
Auge – Mund – Oma – Arm – weint – Opel – Nein Nein
Dazu gehört diese Geschichte:
In der letzten Woche war Oma abends kurz mit Emilian im Garten, um eine Windel in die Mülltonne zu schmeißen. Es war hell draussen, unterwegs sahen sie die schneebedeckte Autoscheibe und malten mit den Fingern Auge-Auge-Nase-Mund in den Schnee. Emilian war begeistert über das entstandene Gesicht.
Später wollte Emilian das Gesicht nochmal angucken.. es war schon dunkel draussen. Oma nahm ihn auf den Arm und ging mit ihm zum Auto. Aber in der Dunkelheit muss das Gesicht für ihn so unheimlich ausgesehen haben, dass der kleine Körper einmal gezuckt hat und drinnen nur ein lautes Geschrei zu hören war.. und es dauerte lange, bis er sich wieder beruhigte.
Dieses Erlebnis hat ihn scheinbar sehr beschäftigt und er hat es doch gut nacherzählt, oder?
Heute morgen saß er mit einem Holzpuzzle in seinem Zimmer. Ich erklärte ihm, dass wir gleich zum Frühstück runter in die Küche gehen würden und dass er sein Puzzle fertig machen soll. Er ließ sich ordentlich Zeit, strapazierte meine Geduld und als das Puzzle endlich fertig war, nahm er sich ein Bilderbuch. Ich nahm das Buch zu seinem großen Ärger weg, aber er nutzt es auch scheinbar ein bißchen aus, dass ich ihn nicht mehr einfach schnappen und runtertragen kann. Irgendwann waren wir dann am Frühstückstisch und aßen.. er plapperte vor sich hin:
Mijan (Emilian) – Buch – oben – Nein – Mittag
(Mittag bedeutet wahrscheinlich allgemein: Essen)
Durch solche Wörter sehe ich aber, dass er mich verstanden hat und sozusagen „drüber weg“ ist.