Eltern und Kinder

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Ein Text einer sechsfachen Mutter, veröffentlicht im Heft der Deutschen Inland Mission.

Was sagt ihr dazu?

 

Eltern und Kinder – Führung im Spannungsfeld zwischen Harmoniesucht und Autoritätsgehabe

Führung – immer da, wo mehrere Menschen etwas zusammen erreichen wollen, ist sie nötig. Das gilt auch für die kleinste Zelle unserer Gesellschaft, die Familie. Schließlich haben die meisten Eltern doch Ziele für sich, ihre Kinder und ihr Zusammenleben, obwohl sie das oft erst merken, wenn die Sache aus dem Ruder zu laufen droht.

Wer hat nun in einer Familie die Leitungsposition inne? Wenn man sich beim Einkaufen oder an jedem anderen Ort, an dem Familien unterwegs sind, umsieht, hat man öfter den Eindruck, als ob das die Kinder wären. Kinder kommen mit einer Menge Fähigkeiten auf die Welt. Sie können mitteilen, wenn sie hungrig oder müde sind, wenn sie frieren oder schwitzen, wenn ihnen langweilig ist, sie Schmerzen oder Angst haben. Das Kind teilt jedes Mal mit: „Das ist mein Bedürfnis, aber ich kann es nicht alleine stillen. Ich kann mein Problem nicht selber lösen. Bitte hilf mir dabei!“

Die Eltern müssen die Situation in die Hand nehmen und das Kind durch die schwierige Situation führen. Sie müssen Nahrung anbieten, essen muss das Kind selber. Sie müssen einen Schlafplatz zur Verfügung stellen und dürfen auch bestimmen, wann das Kind ihn „belegen“ soll. Aber schlafen muss das Kind selber. Je älter das Kind wird, umso mehr kann es selber machen, aber immer noch nicht alleine. Liebevolle Begleitung ist viele Jahre lang nötig. Denn Kinder bringen zwar lebensnotwendige Fähigkeiten, jedoch keine Erfahrung mit auf diese Welt. Sie brauchen Eltern, die ihnen zeigen, wie das Leben funktioniert. Sie sind auf die Anleitung bzw. Führung ihrer Eltern dringend angewiesen.

Ich beobachte, dass Eltern heute öfter Angst haben, diese Führung in der Familie zu übernehmen. „Führung“ riecht nach Unterdrückung, nach schlechten Erfahrungen in Schule und Familie, nach Angst und Unmündigkeit, nach Lieblosigkeit, nach einem Stärkeren, dem man sich um jeden Preis unterzuordnen hat. Eine solch unangenehme Führungsrolle wollen Eltern heute nicht gerne übernehmen. Sie möchten auch nicht, dass ihre Kinder eine solche Art der Führung erleben.

Lieber schaffen sie für ihre Kinder eine Art Miniparadies, in dem es keinen Hunger, keinen Durst, keine Langeweile, am liebsten auch keine Schmerzen und vor allen Dingen keine Konflikte gibt. Alle Hindernisse werden aus dem Weg geräumt. Das Kind ist für nichts verantwortlich, Schuld sind immer die anderen. Jede Äußerung des Kindes wird sehr ernst genommen, jeder Wunsch zum Bedürfnis erhoben. Natürlich muss das Bedürfnis nach Nahrung befriedigt werden. Der Wunsch, das im Gasthaus „Zur goldenen Möwe“ zu tun, muss aber nicht unbedingt erfüllt werden.

Wer unter dieser Harmoniesucht leidet, ist rasch völlig erschöpft, findet seine Kinder anstrengend, herausfordernd, habgierig und macht sie für seine Erschöpfung verantwortlich. Er hat Angst, klare Ansagen zu machen, weil er von seinem Kind nicht nur geliebt werden will, sondern auch beliebt sein will.

Aber auch den Kindern geht es nicht gut in diesem Schlaraffenland. Sie kennen ihre eigenen und die Grenzen ihrer Eltern nicht und fühlen sich allmächtig, weil sie nie auf Widerstand stoßen oder enttäuscht werden. Sie müssen Entscheidungen treffen, für die sie noch zu jung sind („Welches der 99 Gerichte auf der Speisekarte möchtest du essen?“). Das, was wir als Tyrannei erleben, ist oft nur ein Schrei nach der Sicherheit, dass die Eltern den Überblick haben. Wie beantworten wir diesen Schrei? Wo fängt Führung an?

Liebe Eltern! Denkt bei aller Liebe zu euren Kindern auch an euch selbst! Achtet auf eure eigenen Bedürfnisse! Was braucht ihr selber, um euch wohl zu fühlen und entspannt mit den Kindern umgehen zu können? Wo ist eure Grenze des Erträglichen im Alltag? Bitte teilt das euren Kindern mit! Sie wollen echte Menschen mit echten Gefühlen um sich haben, keine Mitarbeiter im Schauspielhaus „Familie“, die zur Bespaßung angestellt sind. Behandelt eure Kinder wie echte Menschen, so wie ihr euren besten Freunden begegnen würdet.
Denn das möchtet ihr doch nach 18 Jahren Erziehung gerne sein: beste Freunde eurer Kinder!

F. Schäfer

 

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