Feinde, Geld und Regenwald

Der Kindergarten war heute geschlossen und wie immer gehe ich dann mit den Kindern in den Zoo. Seit ich Mama bin, habe ich Tierpark-/Zoo-Jahreskarten und ich liebe es. Emilian war heute sogar ein bißchen gelangweilt. Als 4jähriger im artenreichsten Zoo der Welt… Aber Tiere waren schon immer sein Ding. Es fing mit einem umfangreichen Repertoire an Tiergeräuschen an: Schon im frühen Alter und bevor er überhaupt sprechen konnte, ahmte er Tiergeräusche nach. Dann folgten Bewegungen. „Wie macht der Flamingo?, Wie macht der Affe?“ Seit kurzem kann er ein paar lateinische Namen und heute kam noch etwas Neues dazu. Später mehr.

Das heute war unser wahrscheinlich letzter Zoo-Besuch, bevor wir nach Amerika gehen. Einerseits egal, andererseits.. komisch. Die Murmeltiere, von deren Anwesenheit wir erst bei unserem letzten Zoo-Besuch im März erfahren haben, waren heute immernoch im Winterschlaf. Wenn wir wiederkommen, werden sie schon wieder Winterschlaf halten… Es werden so viele Tierbabys geboren. Und so ein Elefantenbaby fällt immernoch auf und ist immernoch klein und süß, auch wenn es im August schon 2 wird. Ein Zebra ist am Geburtstag meines Bruders geboren und der älteste Gorilla der Welt ist im April 57 Jahre alt geworden. Sowas wissen wir! Und man kann es auch nachlesen.

Wie immer haben wir uns im Zoo ein Eis gekauft. Wie immer fingen wir bei den Lamas und den Elefanten an, drehten so unsere Runden und hörten bei den Nilpferden und Nashörnern auf. Wie immer mussten wir fast stündlich Hände waschen, durften uns um Sand und Ekel nicht so kümmern und wie immer kamen die Kinder müde, glücklich und mit Dreck im Gesicht zuhause an. Aber heute war es irgendwie anders. Wie gesagt, Emilian war schnell gelangweilt. Einige Tiere wollte er gar nicht mehr sehen und sogar der Streichelzoo machte ihm keine Angst mehr. (Als wir dann aber drin waren, schon.) Wir sahen wieder bei der Fütterung der Seehunde zu (Link) und versuchten, ein paar Nasenbären im Gebüsch zu finden. Wir entdeckten neue Tiere: Wildschweine und Rotbüffel. (Es gibt so viele Wege im Zoo!) Ein junger Kragenbär brachte uns zum Lachen, weil er rückwärts durch sein Gehege lief. (Link) Als die Kinder hinter der Glasscheibe spielten und den Bären nicht kommen sahen, sprangen sie erschrocken auf, weil er plötzlich genau vor ihnen stand. Den Elefanten sahen wir dabei zu, wie sie sich erst mit Sand und dann mit Matsch beschmissen. (Link) Knapp entkamen wir den Spritzern. Ein Nashorn stand weit über dem Abgrund zwischen Tier und Mensch gebeugt, weil es leckere Zweige ausserhalb des Geheges erreichen wollte. Emilian lehnte sich im Kinderwagen weit zurück und sah wahrscheinlich schon ein großes, fettes Nashorn auf sich plumpsen. Ich fragte mich auch, was wohl zu tun sei, wenn dieses riesen Vieh da in den Graben fällt…

Nashorn

Und dann irgendwie, ganz nebenbei erklärte ich Emilian mal die Wissens-Tafeln der Tiere. Wo leben diese Tiere? Was fressen sie, wer sind ihre Feinde? Die Zeichen links zeigen, was das Tier frisst und die Zeichen rechts zeigen die Feinde des Tieres.

Wissenstafel

Und dann ging es los! Er rannte. Er flitzte von Schild zu Schild, um mir die Nahrung und die Feinde jeden Tieres zu erklären. Wenn die Gehege sehr groß waren und es zwei Tafel pro Tier gab, erklärte er es mir zweimal. „Mama, da ist die Tafel! Da steht, welche Feinde der hat!“ Egal wer, hauptsache, wir wissen, wer die Feinde sind. Ich schlug irgendwann vor, zum Spielplatz zu gehen. „Was hat der Spielplatz für Feinde?“ ?!? – Wir lernten, dass erstaunlich viele Tiere, auch große, Kräuter, Samen, Früchte und Gräser essen. Wir lernten, was Aas ist und dass der Feind der meisten Tiere der Mensch ist… Im Bus erklärte mir Emilian, dass Brüllaffen im türkischen Regenwald leben. Durch Zufall kamen wir darauf, dass er den tropischen Regenwald meinte… Als ich ihn fragte, wer ihm das erklärt hat, sagte er: „Na, der Mann vom TipToi-Stift!“

Eine kleine Anekdote zwischendurch:
Ich sage euch vorher, was Emilian von mir wollte, damit ihr besser versteht.
Wir hatten uns Kekse, Milchreis und Äpfel mitgenommen. Eine Milchreis-Pause hatten wir schon hinter uns, Kekse gab es auch zwischendurch und jetzt hatte Emilian Lust auf Apfel. Scheinbar wollte er mir ein kleines Rätsel stellen und fragte: „Mama, was haben wir noch nicht gegessen?“ Ich wusste natürlich nicht, worauf er hinauswollte und überlegte krampfhaft, was die Kinder noch nie gegessen haben könnte. „Meinst du Rosenkohl? Das habt ihr noch nicht gegessen…“
„Was ist denn Rosenkohl???“

 

Und dann gab es da noch eine ganz andere Sache, mit der wir uns heute stark beschäftigt haben. Mit Geld.
Seit ich Kinder habe, neige ich gerne dazu, ihnen „dummes Zeug“ zu gönnen, zu kaufen, zu erlauben, einfach weil ich weiß, dass es ihnen eine Freude macht. (Und weil es mich an meine Kindheit erinnert) Wer meinen Blog schon lange liest, kennt die Geschichte von dem „Wackel-Auto“, dass in unserer alten Wohngegend vor Aldi stand. Das meine ich mit „dummes Zeug“. Emilian liebte dieses Auto! Er stieg ein und aus, er drückte die Knöpfe und war fasziniert von Lichtern und Geräuschen. Damals wusste er nicht, dass sich diese Dinger eigentlich bewegen und noch cooler sind, wenn man 1,- € reinsteckt.. Naja, und als ich ihm das einmal gönnen wollte, traute er sich vor Angst nicht mehr in das Auto rein.
Jetzt ist er älter und es fällt schwerer, ihm mit solchem Zeug eine Freude zu machen. Es kann schnell normal werden und ist dann nichts Besonderes mehr. Und ich möchte auf gar keinen Fall in Rituale reinrutschen, die Geld kosten und eben dumm sind. Das mit dem Eis im Zoo ist schon fast so. Entweder gleich hinterm Eingang oder spätestens, wenn wir am ersten Langnese-Wagen vorbei gehen, bettelt er. Und betteln mag ich nicht. Manchmal helfen Verabredungen, wie „Erst, wenn Liam schläft“ oder „Erst nach dem Mittag“, aber wenn das Eis wichtiger als alle Tiere wird, nervt es.

Um Kupfergeld im Zoo loszuwerden, gibt es der Möglichkeiten viele. Normalerweise habe ich kein kleines Kleingeld dabei, weil sie nur Platz im Portmonee wegnehmen und daher zuhause in einer Schatztruhe lagern. Als Emilian noch kleiner war, durfte er ein paar Cent in ein Wasserbecken neben dem Löwenkäfig werfen. Heute hatte ich bestimmt 10 dieser Stücke und es hat den Jungs großen Spaß gemacht, sie in eins dieser Becken zu werfen, wo das Geld erst lange im Kreis kullert und dann in ein kleines Loch fällt. (Ich habe trotz Google-Recherche nicht herausgefunden, wie dieses Becken heißt.)
Dann gibt es noch diesen Bagger, der alle Jungs im Zoo anzieht, aber nur ein paar Minuten funktioniert, wenn 1,- eingeworfen wurde. Und der nervt mich auch! Kaum ein Junge kann in der Zeit die 4 Hebel und 8 Möglichkeiten richtig und effektiv einsetzen! Das Geld ist sowas von verschenkt! Wenn es nicht immer wieder spendable Eltern gäbe, wüssten meine Kinder gar nicht, dass sich dieser Bagger auch bewegt… Sie sitzen auch einfach gern auf dem Sitz und tun so, als ob. Natürlich wollen sie auch, aber … nein!
Eine weitere Möglichkeit haben wir heute entdeckt. Auch so eine Kindheitserinnerung. Die Presse, die 5 Cent platt macht und ein Motiv drauf druckt. Das Besondere: Man kann aus zwei Zoo-Motiven auswählen und selbst die Presse ankurbeln. Ihr seht schon, ich werde weich. Wir sahen uns das Gerät eine Weile an, probierten die Kurbel aus, sahen das Loch an, in das das fertige Stück reinfällt – aber ich hatte ja kein Kleingeld mehr. Nachdem wir Stunden später ein Eis gekauft hatten, hatte ich aber wieder Kleingeld… (Ich habe die Kassiererin sogar um zwei 5 Cent Stücke, statt eines 10 Cent Stücks gebeten.) Wir liefen zu der Kurbel und ich erklärte Emilian die Reihenfolge. Er durfte sich zwischen Gorilla und Eisbär entscheiden und wählte Knut. (Also den Eisbär. Knut kennt er nicht.) Ich sagte ihm, dass er die Kurbel 10x drehen solle. „Zehn Mal? Zehn klingt wie zählen, Mama.“ Und er fing an. Bei Runde sechs wurde es richtig schwer und ich musste weitermachen. Dann wurde es wieder ganz leicht und es klimperte. Emilian hatte das Loch vergessen und suchte wie wild in der Maschine.. und dann entdeckte er es. Furchtbar stolz nahm er seinen Schatz aus dem Loch („Mama, das Loch ist ja magnetisch!“) und ließ es nicht mehr los. Deswegen spendiere ich sowas eben ab und zu.

Souvenir
Weil der Bagger schlauerweise neben dem Spielplatz steht, kamen wir heute mehrmals daran vorbei. Und immer wieder sprang Emilian aus dem Kinderwagen auf den Bagger. Und immer wieder musste Liam auch aus dem Wagen und auch auf den Bagger gehoben werden. Und immer wieder verlor er dabei einen seiner Crog-Schuhe. Und immer wieder bezahlte irgendein Elternteil. Ich nahm Emilian auf den Schoß und versuchte, ihm den Wert von einem Euro zu erklären. Die Mama, die gerade ihren Euro eingeworfen hatte, hörte uns und lachte: „Ja, das mache ich sonst auch.“ Mist. Als der Bagger wieder frei war, sprang Emilian sofort wieder auf. Er merkte, dass das Geld scheinbar noch „wirkte“ und dass sich der Bagger noch bewegte. Im Schneckentempo, noch langsamer, aber er bewegte sich. Und Emilian „arbeitete“ los. Er war so gefesselt und konzentriert und als die Bewegungen dann plötzlich ein letztes Mal schneller wurden, leuchtete sein Gesicht auf. Ich war so stolz… und fragte mich dann, ob sich der Euro etwa doch lohnen würde. Als mein großes Mutterherz sich dann entschieden hatte, das Geld zu geben, strahlte Emilian mich an!
Naja. Es endete damit, dass ich keinen Euro hatte…
Emilian trug es mit Fassung.
Wir fanden 5 Cent im Sand, suchten unauffällig weiter, aber aus dem Bagger-Traum wurde nichts mehr.

Bagger

Auf dem Weg nachhause waren wir alle hungrig und ich entschied aber, nichts mehr unterwegs zu kaufen, sondern zuhause gut zu essen. Nicht, weil ich kein Geld hatte, sondern wegen des Prinzips. Und wieder sprachen wir über Geld, über Verschwendung. Man kann viel oder wenig haben. Man kann es sich gut gehen lassen und oft Geld ausgeben oder man kann es sammeln und sparen und dann irgendwann mehr haben. Und wir wollen jetzt versuchen, nicht mehr so viel Geld auszugeben, damit wir uns in Amerika tolle Sachen kaufen können, die es in Deutschland nicht gibt. Emilian will für einen Porsche sparen…
Vor dem Zoo bestaunen wir oft die Seifenblasen-/Jongleur-Künstler, die da die Kinder begeistern.
Und wieder Geld.. Ja oder nein.
Nach dem Toilettenbesuch fragte Emilian: „Darf ich Geld auf den Teller legen?“
Da kommen noch ein paar Unterhaltungen auf uns zu. Ich bin offen, meine Meinung von den Kindern hinterfragen zu lassen und ich bin gespannt auf Emilians Gedanken.

 

Das ist jetzt ein langer Eintrag geworden.
So wurde eben aus einem gechillten Zoo-Abschied ein Tag voller Pädagogik und neuer Erfahrungen.

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