Ein Monat Amerika!

Wir sind seit einem Monat in Amerika!!!
Vor einem Monat hatten wir den langen Flug-Tag und den ersten Ankunfts-Tag schon hinter uns.

Manchmal denke ich: „Ist echt schon ein ganzer Monat rum???“ und dann denke ich auch: „War das echt erst ein Monat???“. Wir haben viel erlebt und dass die Zeit schnell vergeht, bestreite ich nicht. Vielleicht wird das jetzt anders, wenn wir an einem Ort bleiben.

In der Kirche haben wir heute versucht, die Kinder zum ersten Mal alleine im Kindergottesdienst zu lassen. Es wurde eine mittlere Katastrophe, die fast, ganz fast zu meinem ersten amerikanischen Tränenausbruch geführt hätte.
Wir haben die Kinder schon zwei Tage vorher auf unsere Idee vorbereitet, Emilian war ganz gut dabei. Ich wollte einfach während der Zeit zwischen den beiden Gruppenräumen hin und her wechseln und gucken, wie es den Jungs geht. Scheinbar werden die Kinder aber halb willkürlich in die Gruppen eingeteilt. Mit Eingewöhnung hat man’s hier nicht so. Die Eltern gehen in den Gottesdienst und das Kind wird mit den Teachern und der Gruppe allein gelassen. Nicht mit mir! Liam wurde einer neuen Gruppe zugeteilt, aber -verwundert über meinen eigenen Mut- habe ich gebeten, ihn in seine bekannte Gruppe einzuteilen. Er kam dann als ersten Kind an und ich dachte: „Oh gut, dann kann er in Ruhe ankommen.“ Wir verabschiedeten uns und sagten, dass wir Emilian in seine Gruppe bringen und dann wiederkommen würden. Liam drehte sich in Richtung Spielecke, aber ich sah, wie er tapfer versuchte, seine Tränen zu verdrücken. Als die Tür zu fiel, begann er zu weinen. Herzschmerz! Mein Mann drehte sich wieder um, um die ersten Minuten bei ihm zu bleiben.
Auch Emilian musste heute in eine neue Gruppe, aber ich ermutigte ihn, so gut es ging und erklärte der neuen Betreuerin meine Sorgen. Sie schien mir nicht sehr kompetent, aber sie verstand und kümmerte sich. Ich setzte Emilian mit einem Buch in die Bücherecke und versprach, gleich wieder da zu sein. Herzschmerz! Mein großer tapferer Sohn!
Zurück bei Liam stand mein Mann noch immer mit im Raum und Liams Körper zuckte vor Schluchzen. Herzschmerz! Ich setzte mich zu ihm, tröstete ihn und entschied, da zu bleiben. Papa sah noch einmal bei Emilian vorbei und verschwand dann im Gottesdienst. Liam taute langsam auf. Als er wieder richtig fröhlich war, sagte ich: „Hey Liam, ich gehe ganz kurz zu Emilian und bin gleich wieder da, okay?“ Er nickte – und in dem Moment, als ich die Tür öffnen wollte, nahm ihm ein anderes Kind sein Spielzeug weg… Keine Chance. Hilflos bat mich eine jugendliche Betreuerin, ihr doch ein paar wichtige Sätze für Liam in deutsch beizubringen. „Alles ist gut.“ gelang ihr noch, aber bei „Mama kommt gleich zurück“ gab sie auf.

Eine Betreuerin, die uns schon besser kannte, gab ihr Bestes, um die große Tochter meiner Freundin zu finden, damit sie zum Spielen und Übersetzen bei Emilian sein konnte. Sie ist 5 und eigentlich schon in einer anderen Etage. Man fand sie aber und die Betreuerin erzählte mir, was für ein Leuchten über Emilians Gesicht ging, als sie den Raum betrat. Ich war sehr glücklich darüber, konnte bei Liam bleiben und Emilian hatte eine gute Zeit in der neuen Gruppe. Ich mag das eigentlich nicht.. ein Versprechen zu geben und dann doch nicht wiederzukommen. Aber Emilian hat es verstanden. Was wir am nächten Sonntag machen, weiß ich noch nicht. Wahrscheinlich müssen wir alle ein bißchen über unseren Schatten und ins kalte Wasser springen…

Ins frische Poolwasser sind wir heute Nachmittag gesprungen. Und statt unsere Schuhe und das Spielzeug wiederzufinden, haben wir noch ein Lieblingsauto in dieser blöden Filteranlage verloren. Argh! Diesmal war es meine Schuld und ich könnte…..

Des Abends mache ich tapfer weiter meine Shred-Übungen, Tag 3 von Level 2. Jillian bekommt nicht mehr nur Rufe der Begeisterung von mir, sondern ab und zu auch mal ein „§$%&@-//%§“. Ich freue mich über alle von euch, die mir erzählt haben, dass sie einen Versuch gewagt haben! Gestern habe ich mir Turnschuhe gekauft, weil meine Füße und Knie ein bißchen wehgetan haben. Einen Sport-BH habe ich auch erstanden, denn das ganze Gehüpfe ist nicht ganz so gut fürs Bindegewebe besonders, wenn frau schon mal gestillt hat.

 

Ich habe einen kleinen Rückblick der ersten Zeit in Amerika!

Was ich vermisse:
(abgesehen von Personen.. denn wenn ich darüber nachdenken würde, wären das eine ganze Menge.. bis jetzt habe ich noch nicht drüber nachgedacht)

* Meine Kaffeemaschine, oh ja, an erster Stelle! Und Milchschaum.

* DM, meinen Drogeriemarkt mit den Lieblingsartikeln.

* Meinen Garten. Eigenen Platz, eigene Geräte, eigene Ernte, eigenen Schmutz wegmachen.

* Die deutschen Niedrig-Preise! Ihr könnt euch nicht vorstellen….

* Unser Abo für endlos deutsche Filme und Serien.

* Unser stabiles WLAN zuhause.

* Frische Brötchen. Laugenbrötchen. Croissants. Körnerbrot.

* Mein Lidl. Ich frage mich, ob sich die Verkäuferinnen fragen, wo die nette Frau mit dem roten Doppelkinderwagen geblieben ist?!

 

Was mich stört:

* Der Müll hier. Die Masse an Müll, die man produziert und die Trennung, die man nicht macht.

* Chlor im Wasser, kein einfaches Trinken aus dem Wasserhahn mehr.

* Die noch-Unsicherheiten im Alltag. Was können/sollten/dürfen/müssen wir machen/erleben/schaffen/erledigen?

* Die Strassenverkehrsregeln. Mit „wer zuerst da war, fährt zuerst“ komme ich noch nicht so klar.

* Die Zeitumstellung. Es ist fast unmöglich, sich im wachen Zustand mit zuhause zum Skypen zu verabreden und bei Whatsapp trifft man sich gefühlt auch nur nachts.

* Soviel (er)fragen zu müssen.

* Das ungesunde Essen. Wir haben damit noch keine richtige Erfahrungen gemacht, es fühlt sich aber so an und manchmal bin ich froh, dass ich nicht weiß, was wir gerade essen. Wir sind gesund und gut drauf, aber manchmal würde ich den Kindern gern ein paar Dinge kaufen, die sie im Shop so bunt und schrill anspringen…

* Die Entfernungen. Wir sehen zwar deutlich mehr Fußgänger und Farradfahrer als in North Carolina, aber es ist fast unmöglich, ohne Auto zu leben. Wir sind zu viert manchmal schon mit „nur“ einem Auto überfordert.

* Die Werbung im Fernsehen. Es wird SO VIEL Werbung gezeigt. Für Autos. Für Essen. Für Medikamente. Diesen „Zu Risiken und Nebenwirkungen…“-Satz gibt es hier nicht, dafür werden alle möglichen Nebenwirkungen und „Zu Beachten“-Dinge aufgezählt. Boah! Das zerstört jeden Film.

* Die Verschwendung. Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Überfluss im Laden. Müll. Unmengen an Beregnungs- und Sprenganlagen überall. Es wird hier so viel Geld für Gießwasser ausgegeben. Vielleicht ist es ja… irgendein gesammeltes Wasser, ich habe keine Ahnung. Aber es ist viel. Und noch viel mehr, von dem wir noch gar nichts wissen. In Vorbereitung auf den 4. Juli haben wir uns erkundigt, was „man“ da so macht. Es ist ganz üblich, sich Paraden oder ein Feuerwerk anzusehen. (Deswegen gibt es zur Zeit auch Knallwerk zu kaufen… ist ja nicht kurz vor Silverster) Hier in der Nähe ist Disneyland. Einer unserer Freunde wohnt nebenan. Disneyland lässt jeden Abend mehrere Feuerwerke knallen. Es gibt zwar eine Nachtruhe-Lärm-bla-Verordnung, aber Disneyland zahlt jeden Abend die Strafe und ballert weiter tausende Dollar in den Himmel. Ja.

 

Was ich genieße:

* Das Wetter! An jedem Tag. Es ist immer warm und hell und sonnig. Nie zu heiß. Nie zu kalt. An jedem Tag! (Kein Husten in diesem Winter für uns!)

* Das häufige Zusammen-sein als Familie, das ungewöhnlich aufregende Leben zu viert.

* Die leckeren Bagels, die es überall gibt. (Aber frisch sind sie nicht)

* Einfach mal Abenteuer erleben. Alles ist anders.

* Die vielen Geldscheine. Haha. Man hat so viele Scheine dabei und blättert und blättert und sieht so reich aus.. und dann sind es doch nur 7 Dollar.

* Dass alles „wie im Film“ ist. Echt. Das mag ich. Fenster gehen nach oben auf. Küchen haben eine „Insel“. Türen haben einen Knauf. Als wir gestern zufällig bei den Serien „Big Bang Theory“ und „King of Queens“ reingeschaut haben, hab ich mich gefreut, so viel wiederzuerkennen und manches den Schauspielern gleichtun zu können.

* „Free Refill“ in den meisten Restaurants. Der Becher wird bezahlt und Getränke können beliebig oft nachgefüllt werden. Wir machen das natürlich nur bei Kaffee und Wasser…

* Frozen Yogurt. Das ist SO lecker! In Berlin heißt es zum Beispiel „Wonderpots“. Macht das mal! Gesund und überlecker!

* Dass an der Kasse stets der Einkauf eingepackt wird. Sollte man eine wiederverwendbare Tüte dabei haben, muss man sich beeilen, sie bereit zu halten. Schneller, als man gucken kann, hat man wieder 3 oder 4 neue Tüten. Immerhin kann man manchmal zwischen „Paper or Plastic“ entscheiden.

* Die Sauberkeit auf den Strassen. Auf den Autobahnen nicht, aber auf den Strassen. Hier liegt kein Müll rum! Nichtmal Hundehaufen, obwohl jeder einen hat. (Hund, nicht Haufen!)

* Die Palmen am Wegesrand. Fast habe ich mich schon daran gewöhnt, aber der Anblick einer Palme bedeutet für mich einfach Urlaub/Entspannung/Sonne/Meer…

* Den Pool in der Nachbarschaft. Ich kann mich nicht erinnern, schon jemals zuvor so oft an einem Pool gesessen zu haben. Einfach ohne schlechtes Gewissen den Kindern beim Spielen zusehen und dabei Schuhe und Spielzeug verlieren.

* Die Offenheit hier. Ich weiß noch nicht genau, ob ich das nur genieße, oder ob es mich auch stört. Als Berliner Mädchen kann ich einfach manchmal nicht glauben, dass das eben keine Anmache war. Denn warum sonst sollte mir ein Mann, der mich nach dem Weg fragt und ein „Sorry!“ bekommt, dann antworten, dass ich zwei wunderschöne Kinder habe. – Allerdings könnte es tatsächlich sein, dass er einfach nur was Nettes sagen wollte, um mich nicht traurig zurückzulassen, weil ich ihm den Weg nicht sagen konnte?! Ich trau denen hier alles zu! Es wird so viel „amazing“ gefunden, mit hoher Stimme loben die Mamas ihre Kinder am Pool: „Awesome! You did great! Good job!“

* Passend dazu, in der Tat: die unbegrenzten Möglichkeiten. Es ist mir bis jetzt kaum ein einziges Verbot (im Sinne von: Das macht man hier nicht!) untergekommen, obwohl wir mit Kindern unterwegs sind und obwohl die sich benehmen, wie sich kleine Jungs eben so benehmen. Okay, wir ziehen den Kindern am Pool und am Strand immer was an. Aber selbst, wenn nicht, gab es keine bösen Blicke oder Aufforderungen. Das Gelände der Kirche ist SO riesig, es gibt viel Platz, viel Wasser, viele Möglichkeiten für kleine Jungs… Und noch nie wurden wir gebeten, die Kinder von der Wiese, aus dem Wasser, vom Geländer, von der Bank… zu nehmen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir deutschen vorsichtigen Eltern den wohlüberlegten Plan im Kindergottesdienst ein bißchen durcheinander bringen. Aber selbst wenn, lässt sich niemand was anmerken und hauptsache it’s comfortable for you, guys! Es soll angenehm für uns sein!

Das liebe ich. Und das schätze ich sehr! Davon möchte ich eine große Portion mit nach Deutschland nehmen. Immer wieder höre ich hier von der „goldenen Regel“. Kennt ihr die? Aus der Bibel stammend, jedoch auch im Business angewandt:
„Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“
Und das spüren wir hier: Wertschätzung. Hilfsbereitschaft. Interesse. Unterstützung.

 

Ich denke im Moment nicht viel an Berlin. Meine Freundinnen versichern mir, dass mit dem Haus alles in Ordnung ist. Eine von ihnen hat es letztens sogar einfach mal so geputzt! Diese Tatsachen machen es mir leicht, mit Kopf und Herz hier zu sein. Ich denke nicht daran, wieviele Monate uns eigentlich noch bevorstehen. Denke nicht an Weihnachten und an die Hochzeit meines Bruders. Wenn ich an den Winter denke, empfinde ich schon jetzt Mitleid mit euch und ich verspreche, mich mit Wetter-Fotos und Wetter-Kommentaren zurückzuhalten. Und wenn ich jetzt noch weiter über sowas nachdenke, versinke ich im Heimweh…

Morgen früh um 8:30 Uhr startet die große „Vacation Bible School“. Die Kinder sind Teilnehmer, wir sind Mitarbeiter. Ich bin mir sicher, dass das 4 beeindruckende und volle Tage für uns werden!

T-Shirt

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.